03.08.2022

Eurobaustoff:Preiseffekt treibt Umsätze hoch

Das hat es noch nie gegeben: Im ersten Halbjahr kletterte das Einkaufsvolumen der Eurobaustoff-Kooperation fast auf ein Jahresniveau. Per 31. Mai lag es um 18,1 % über dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum - mit weiter steigender Tendenz. Das zweistellige Wachstum resultierte aber nicht aus einem größerem Absatzvolumen, sondern in erster Linie aus zum Teil massiven Preisanhebungen, erklärte Jörg Hoffmann, Geschäftsführer Finanzen der Eurobaustoff. Mittlerweile sei jedoch der Bogen der Preiserhöhungen überspannt, setzte Dr. Eckard Kern, Vorsitzender der Geschäftsführung hinzu, die Folge seien Baustellen-Stopps und Stornierungen. „Wir sind wohl erfolgreich ins Jahr 2022 gestartet, befürchten aber, dass wir - nach vielen Jahren einer guten Entwicklung im Bau – zunehmend auf eine Abkühlung hinsteuern, die sich voraussichtlich bereits im zweiten Halbjahr bemerkbar machen wird.“

Erste Signale für nachlassende Dynamik

Hatrtmut Möller, Geschäftsführer für Gesellschafterbetreuung, Einkauf und die Ländergesellschaften in Österreich und der Schweiz, berichtete von ebenfalls preisbedingten, massiven Steigerungen des Einkaufsvolumens in Österreich (+ 17,1 %) und der Schweiz (+ 28,3 %). Doch machten sich in Teilbereichen erste rückläufige Tendenzen bemerkbar. Für den Warenbereich Holz/Bauelemente (+ 11,6%) etwa habe das Jahr durch eine Vielzahl von Preissteigerungen und längeren Lieferzeiten turbulent begonnen. „Eine Situation, die sich im April wieder entspannte. Daher gehen wir hier weiterhin von einer positiven Entwicklung aus, da im Holzbau eine hohe Nachfrage besteht.“ Ähnliches gebe es für den Fachbereich Bauelemente zu berichten. Der Einzelhandel (+ 6,8 %) könne von einer anhaltenden Preisänderungswelle in fast allen Sortimenten berichten. Ein weitere Herausforderung seien die weiterhin bestehenden Probleme entlang der Lieferketten. „Hinzu kommt, dass die Verbraucher sich zunehmend zurückhalten.“

Das bisherige, über alle Warenbereiche verteilte Plus im Einkaufsvolumen sei auch bei den Ländergesellschaften Österreich (+17,1 %) und der Schweiz (+28,3 %) auf den Preis und nicht auf die Absatzentwicklung bei Baumaterialien zurückzuführen, betonte Möller.

Mit Kostensenkungen und Liquiditätssicherung gegensteuern

Zukünftiges wirtschaftliches Wachstum beurteilt die Eurobaustoff-Spitze daher skeptisch. Materialknappheit, hohe Transportkosten und ein eklatanter Fachkräftemangel würden die Baubranche für die kommenden Monate oder sogar Jahre belasten. Solange kein russischer Gas-Lieferstopp eintritt, bleibt man in Bad Nauheim dennoch vorsichtig optimistisch, sagte Kern. Aber: „Wir justieren unsere Einschätzung für die geschäftliche Entwicklung konservativer.“ Konkret riet er auch den Gesellschaftern: „Richten Sie ihr Budget 2023 nicht nur am Umsatz, sondern auch an der Menge aus.“ Außerdem empfahl er Kostensenkungen durch Prozessoptimierung und Digitalisierung sowie Liquiditätssicherung, indem die Kreditlinie auf 10 % des Außenumsatzes angepasst wird.

Weitere Preissteigerungen befürchtet

Bautreiber ist immer noch die energetische Sanierung. Bis 2045 sollen Gebäude in Deutschland klimaneutral sein. Doch die KfW-Förderung ist ausgelaufen. Allerdings wollte Eurobaustoff-Aufsichtsratsvorsitzender Boy Meesenburg der Politik keinen Vorwurf machen: „Die Baustoffindustrie ist froh über die unideologische Führung des Wirtschaftsministeriums.“

Hartmut Möller befürchtet weitere Preissteigerungen: „Holz ist 40 % teurer geworden und viele Rohstoffe gehen nach Übersee und fehle auf dem heimischen Markt.“ Andersherum hätten Parkett und Laminat aus Asien mit Transportschwierigkeiten zu kämpfen. Die Ukraine lieferte nicht nur in großem Umfang Landhausdielen und Decklagen, sondern auch Rohstoffe für die Fliesenherstellung - „zu 70 %“. Nun müssen andere Lieferanten gefunden werden.“ Auch der Lkw-Fahrermangel in Deutschland sei zum Teil durch den Ausfall der Ukrainer bedingt.

Und was sagen die Jungunternehmer? Martin Meier und, per Video zugeschaltet, Christoph Mohr: „Stimuliert durch niedrige Zinsen und Energiepreise kannten wir bisher keine Krise. Jetzt dürfen wir, bei aller Digitalisierung, den Kundennutzen nicht aus den Augen verlieren.“ Dolores Saal mahnte: „Wichtig ist Nachhaltigkeit in allen Bereichen, auch in der Personalführung.“



Nachgefragt bei Peter Abraham, Bereichsleiter Einzelhandel
„Konstruktives Miteinander mit den Gesellschaftern und der Industrie“

Wie hat sich der Bodenbelagsabsatz im vergangenen Geschäftsjahr entwickelt, differenziert nach Parkett, Laminat und Designböden?

Durch den Relaunch unseres bewährten Bodenbelagskonzeptes und die damit verbundene Einführung der Handelsmarke Prima für Bodenbeläge zum Jahresbeginn sind wir in der aktuell turbulenten Liefersituation gut aufgestellt. Die im Vorfeld geplanten Produktionsmengen der Erstauflage haben uns vor größeren Engpässen bewahrt und unseren Gesellschaftern eine - bis auf wenige Ausnahmen - gute Warenversorgung gesichert. Besonders positiv hat sich dabei in 2021 das Sortiment Parkett entwickelt. Trotz zeitweiser Störungen in der Beschaffung konnten wir hier einen Zuwachs von knapp 3 % verzeichnen. Noch besser sieht es beim Sortiment Laminat mit einem Plus von über 5 % aus. Am meisten zugelegt haben Designböden mit etwas über + 11 %.

Und wie ist das erste Halbjahr verlaufen?

Im ersten Halbjahr 2022 hat sich der positive Trend im Sortiment Parkett mit einer Steigerung von über 10 % verstärkt. Allerdings müssen wir weiterhin sehr genau hinschauen, woher das Wachstum kommt. Ist der Umsatzanstieg in erster Linie preisbedingt oder hat sich auch der Mengenabsatz positiv entwickelt?  Bei Laminat verzeichnen wir derzeit einen Rückgang von ca. 3 %. Dafür legen Designböden mit einem Plus von aktuell 10 % noch einmal kräftig zu.
 
Was vermarkten Sie konkret unter dem Eigenlabel „Prima“?

Unter dem Label „Prima mein Zuhause“ bieten wir Parkett, Laminat und Vinylbeläge mit insgesamt 25 verschiedenen Dekoren und dazu passende Unterlegematerialien an. Das Programm wird sehr gut von unseren Gesellschaftern angenommen. Auch vor dem Hintergrund, dass wir neben den attraktiven Preisen und der Verfügbarkeit ein passendes Vermarktungspaket geschnürt haben, das auf die Gesamtkonzeption des Themas einzahlt und komplettiert.

Das Konzept beinhaltet neben der Warenpräsentation für die Fach- und Baufachmärkte eine Auswahl verschiedener Musterständer und -tafeln sowie Broschüren, Flyer und Plakate. Zudem können die Gesellschafter auf zahlreiche digitale Maßnahmen, wie z. B. Social-Media-Posts zugreifen, die dazu dienen, auf den verschiedenen Social-Media-Kanälen „Prima Bodenbeläge“ viral zu positionieren, um einen größeren Kundenkreis zu erreichen.

In welchen Geschäftsbereich fallen die genannten Bodenbeläge bei Ihnen?

Hier müssen wir etwas differenzieren, da sich der Bereich Einzelhandel in einzelnen Punkten von den Warenbereichen unserer Baustoffkollegen unterscheidet. Der Schwerpunkt des kooperationseigenen Dienstleistungscampus ist die Beschaffung. Hier setzen wir einerseits auf langjährige Partnerschaften mit den relevanten Industrieunternehmen und andererseits auf die Erfahrungen unseres starken Category Managements unter der Leitung von Joachim Schock mit Category Manager Holz Jürgen Bentz.

Unsere Dienstleistungen für Fach- und Baufachmärkte sowie die Fachhandelsausstellungen haben neben dem Schwerpunkt Beschaffung aber auch das Ziel, die Vermarktung am POS mit entsprechenden Selbstbedienungskonzepten f zu unterstützen. Neben vielen anderen Leistungen, die wir für das Tagesgeschäft in den Märkten zur Unterstützung bereithalen, sind wir sehr stark in der Planung und Umsetzung der Fachhandelsausstellungen engagiert. Dazu zählen unter anderem auch die dekorativen Bodenbeläge. Infolgedessen haben wir die Möglichkeit, über mehrere Faktoren am Erfolg unserer Gesellschafter mitzuwirken. Zumal wir beim Ausbau und der Weiterentwicklung unserer Leistungen von dem guten Austausch mit unseren Gesellschaftern und die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit unseren Industriepartnern profitieren. Im Rahmen dieses konstruktiven Miteinanders sehen wir uns und die Gesellschafterhäuser gut aufgestellt.
Eurobaustoff:Preiseffekt treibt Umsätze hoch
Foto/Grafik: SN Verlag / Henrik Stoldt
Über 300 Vertreter aus 452 Gesellschafterhäusern trafen sich in Berlin im Hotel „Titanic“.
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Foto/Grafik: SN Verlag / Henrik Stoldt
Dr. Eckard Kern (re.) kann für die ersten Monate 2022 auf ein erfolgreiches Wachstum verweisen.
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Foto/Grafik: Eurobaustoff
Jörg Hoffmann, Dr. Eckard Kern, Hartmut Möller (v.l.n.r.): „Wir richten unsere Einschätzung für die künftige geschäftliche Entwicklung konservativer aus.“
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