03.07.2024

Woca Denmark: „Ökologische Transparenz ist der nächste große Schritt“

Entgegen der Marktentwicklung im globalen Geschäft mit Holzölen und -lacken schloss Woca Denmark sein Geschäftsjahr am 30. April mit einem Umsatzplus von 8 % ab. Am Stammsitz in Lunderskov sprach Parkett Magazin mit Christian Stemann, CEO seit Juni 2023, und René Tomczak, Vice President Sales und CEO Woca Deutschland, über die Strategien für das Wachstum, den Auf- und Ausbau neuer Segmente und darüber, warum Woca die Nachhaltigkeit seiner Produkte künftig transparent machen will.

Herr Stemann, Sie sind seit ziemlich genau einem Jahr bei Woca Denmark. Geprägt von den bekannten Multikrisen war 2023 kein einfaches Jahr für die Übernahme der Geschäftsführung. Wie sind Sie im Unternehmen und in der Branche insgesamt angekommen?

Christian Stemann: Als ich gefragt wurde, ob ich Geschäftsführer von Woca Denmark werden wolle, war ich bereits viele Jahre Vertriebsleiter in der Möbel- und Fußbodenindustrie sowie im BaustoffhandeI, so dass ich die Kundenstruktur und insbesondere die skandinavischen Märkte bereits sehr gut kannte.

Natürlich war 2023 generell kein einfacher Zeitpunkt für den Einstieg bei Woca, die Märkte waren belastet von hohen Inflationsraten und die Nachfrage abgeflaut. Das war Gift für die Bauwirtschaft und ihre Zulieferindustrie. Insbesondere in Zentraleuropa war der Parkettabsatz massiv eingebrochen. In dieser schwierigen Marktsituation ging es zunächst einmal darum, die Funktionen des operativen Managements sicherzustellen.

Wie stellt sich die Nachfragesituation im globalen Geschäft mit Lacken und Ölen in den anderen großen Märkten dar?

Stemann: Wenn ich unsere globalen Niederlassungen besuche und dort mit Produzenten spreche, höre ich, dass alle drei Hauptmärkte – Europa, Asien und Nordamerika – zum ersten mal zur gleichen Zeit nicht performen. Speziell in Asien waren die US-Importzölle ein Problem, einige Produktionen wurden in der Folge von Asien in andere Länder verlagert, zum Beispiel nach Polen.

Inzwischen sehen wir in Asien jedoch wieder eine leicht positive Tendenz, die Bestellungen ziehen wieder an. Und auch in der Eurozone hat sich die Inflationsrate bei rund 2 % stabilisiert, wenn jetzt noch die Kreditzinsen sinken, wird das dem Markt wieder mehr Optimismus geben; insbesondere der Bauwirtschaft.

Für Woca Denmark endete das Geschäftsjahr erst zum 30. April. Wie hat sich das Umsatzwachstum zuletzt entwickelt?

Stemann: Wir konnten das Geschäftsjahr entgegen der Marktentwicklung mit einem erfreulichen Umsatzplus von ca. 8 % abschließen. Auch in Zentraleuropa. Wir sind in Anbetracht des harten Wettbewerbs sehr zufrieden und sehr stolz auf dieses Ergebnis.

Worauf führen Sie das positive Wachstum entgegen der Marktentwicklung zurück? Welchen Anteil haben Preissteigerungen?

René Tomczak: Über Preissteigerungen lässt sich angesichts der derzeit schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kein Wachstum erzielen. Das Wachstum von Woca ist hauptsächlich volumengetrieben. Wir haben in einigen Ländern vieles richtig gemacht und konzentrieren uns konsequent auf die für uns relevanten Segmente und auf das, was wir gut können. Wir wachsen mit unseren Kunden und gewinnen auch neue hinzu.

Überall gewinnen Online-Märkte rasant dazu. Wie geht Woca strategisch mit dem Online-Vertrieb seiner Produkte um?

Tomczak: Das Online-Geschäft ist für uns ein essentielles Thema. Wir selber werden auf großen Marktplätzen wie Amazon, Allegro oder Bol nicht verkaufen, aber wir wollen Kontrolle darüber haben, wie Händler bzw. Online-Partner die Produkte von Woca auf den jeweiligen Plattformen präsentieren. Dafür screenen wir weltweit rund um die Uhr Marktplatz-Seiten und sorgen dafür, dass die Marke Woca immer wertig, mit aktuellem Bildmaterial und korrekten Produktinformationen präsentiert wird. Auch wenn es sehr viel Arbeit macht, agieren wir sehr selektiv, damit die Marke nirgends schlecht aussieht oder gar verramscht wird. Wer Online-Partner von Woca sein will, respektiert unseren Qualitätsanspruch schließlich auch.

Woca beliefert vom dänischen Lunderskov aus weltweit rund 100 Ländermärkte. Wird ein Aufbau von Produktionskapazitäten in Asien oder den USA strategisch angestrebt?

Stemann: Natürlich stellt sich die Frage, wie sinnvoll es ist, Produkte von A nach B zu transportieren oder sie möglicherweise besser auf kurzem Wege nah am Kunden auch in Asien oder den USA lokal in den Märkten zu produzieren. Wir diskutieren die Möglichkeiten für die Zukunft durchaus.

Wie wird indes der Stammsitz Lunderskov weiterentwickelt? Sind aktuell Investitionsmaßnahmen geplant?

Stemann: Der Standort wird kontinuierlich weiterentwickelt. Aktuell sind Investitionen in die weitere Automatisierung der Produktion geplant, und wir werden in sterile Fertigungsprozesse investieren, vergleichbar mit denen der Lebensmittelindustrie, die eine Voraussetzung für künftige ökologische Produktrezepturen sind. Das wird in den nächsten zwei, drei Jahren unser größtes Investitionsprojekt sein und hat für uns hohe Priorität.

Welche strategischen Schwerpunkte setzen Sie für die Ausrichtung der Marke Woca?

Stemann: Wir konzentrieren uns darauf, das Profil von Woca weiter zu schärfen. Die Marke steht traditionell für qualitativ hochwertige Holzoberflächen im Innen- und Außenbereich und eine konsequente Ausrichtung auf Nachhaltigkeit. Auf dieses Markenversprechen werden wir uns in Zukunft noch stärker fokussieren.

Tomczak: Was die Nachhaltigkeit von Oberflächenprodukten für Holz angeht, ist Woca ein Vorreiter. Gerade unsere Öl-, Reinigungs- und Pflege-Sortimente, und unser Anspruch, mit möglichst wenig Schadstoffen zu produzieren und vollständig auf Lösungsmittel zu verzichten. Darüber hinaus steht Woca für aufgeräumte, nicht überbordende Sortimente mit sicheren Produkten.

Welche konkreten Maßnahmen werden unternommen oder sind geplant, um die angestrebten Nachhaltigkeitsverbesserungen zu erzielen?

Stemann: In den Märkten besteht heute eine große Nachfrage nach EPDs (Environmental Product Declaration) und allen erdenklichen Umweltzertifikaten wie zum Beispiel das EU-Ecolabel in Europa. Woca ist in mehr als 100 Ländern aktiv und überall gibt es landesspezifische Zertifizierungen, die es sinnvoll zu selektieren gilt. Dabei konzentrieren wir uns auf die wichtigsten Produktstandards für nachhaltiges Bauen, etwa in Deutschland auf die DGNB-Zertifizierung oder auf das internationale LCA-Label (Life Cycle Assessment).

Green Building ist für uns ein wichtiges Zukunftsfeld. Gleichzeitig ist es eine große Aufgabe, alle CO2-Emissionen über die gesamte Lieferkette hinweg zu dokumentieren. Wir haben für die vielen Aufgaben rund um die Themen der Nachhaltigkeit deshalb seit kurzem einen Umweltmanager im Unternehmen, der all diese Projekte voranbringen und beschleunigen wird.

Tomczak: Über viele Jahre waren Industriestandards ausreichend, aber jetzt werden quantifizierte EPD-Prüfungen für die Produkte benötigt. Diese Daten sind unabdingbar und das betrifft jeden Produzenten, der Baustellen auch künftig noch beliefern möchte. Der nächste große Schritt wird für uns daher sein, über alle Produkte hinweg einen Überblick über ihren CO2-Fußabdruck geben zu können.

Aktuell sind wir in der Phase der Qualifizierung der Produkte. Manche enthalten bis zu 80 Additive, die möglicherweise von 30 Lieferanten kommen können – herauszufinden, wo welcher dieser Lieferanten wiederum seine Rohstoffe für ein Bindemittel bezieht, ist eine gewaltige Aufgabe. Aber es führt kein Weg daran vorbei, denn all diese Daten sind Teil der Produktdeklaration und Oberflächenschutzanbieter werden künftig nachweisen und transparent machen müssen, was in ihren Produkten enthalten ist und wie nachhaltig sie produziert werden.

Das Gespräch führte Imke Laurinat im Mai 2024.

Lesen Sie das ganze Interview in der aktuellen Ausgabe von Parkett Magazin.


i Woca Denmark

Woca Denmark A/S
Tværvej 6
DK-6640 Lunderskov
Tel.: +45 (0)99 / 58 56-00
info@wocadenmark.com, www.woca.dk

Gründung: 1969 (2004 als WoodCare Denmark A/S)
Inhaber: Private Equity Bjert Invest
Chairman of the board: Martin Jensen
Geschäftsführung: Christian Stemann, CEO
Erik Gaj Nielsen, CFO
René Tomczak, VP Sales, Europe, Africa, South/Central America
Mitarbeiter: 65
Exportquote: 80 %
Märkte: weltweit
Sortiment: Holzöle, Seifen, Lacke, Pflegemittel für Fußböden, Fassade, Terrasse/Garten, Möbel
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Foto/Grafik: SN-Verlag
Woca-CEO Christian Stemann und René Tomczak, Vice President Sales Woca Denmark und CEO Woca Deutschland
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Für Verarbeiterschulungen betreibt Woca in Lunderskow die Wocademie.
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