25.02.2021
Karle & Rubner: „Wir wollen immer noch einfacher und schneller werden“
Wo sich am Standort Mandeln von Karle & Rubner bis vor kurzem noch eine feuchte Gemeindewiese erstreckte, erhebt sich nun ein imposanter Lagerneubau. Und dort, wo ein baufälliges schindelverkleidetes Haus stand, lagern nun Aluminium-Schienen und stehen Autos der Mitarbeiter. Am Standort Steinbrücken wurde die Ausstellung entkernt und erneuert. Und auch die Zentrale samt Musterbau und Thermodielen-Produktion in Eschenburg wurde renoviert, modernisiert und erweitert.
Diese Baumaßnahmen, ein Invest von über 3 Mio. EUR, machen nach außen sichtbar, dass der Terrassenbauspezialist ständig in Bewegung ist, sich immer wieder erneuert. Wenn man das Unternehmen in Abständen besucht, hat sich jedes Mal etwas verändert, ist eine neue Idee verwirklicht worden, um die Betriebsabläufe, die Lieferfähigkeit oder den Kundenservice zu verbessern – von Produktneu- und weiterentwicklungen gar nicht zu reden. Diese stetige Evolution macht dem geschäftsführenden Gesellschafter Achim Stiehler Spaß, er hält sie auch für wichtig. Und der Erfolg gibt ihm Recht: Seit er vor sieben Jahren bei Karle & Rubner einstieg, hat sich der Umsatz mehr als verdoppelt.
„Schnelldreher werden nicht schlecht“
Dabei hält sich der Dipl.-Betriebswirt, der eine beachtliche Karriere bei Obi hinlegte, nicht an Business-Pläne, erstellt keine Forecasts, sondern agiert mit einer Mischung aus Intuition, Erfahrung und gesundem Menschenverstand. Es ist auch nicht das Geld, das ihn antreibt: „Meine größte Motivation ist, wenn aus einer Idee ein Produkt wird und sich das verkauft.“ Oberste Prämisse für ihn und seine Mannschaft ist die Kundenzufriedenheit. Deshalb wird ständig an Logistik, Dienstleistungskonzepten, dem Sortiment und der Kommunikation gefeilt. Vor allem will Stiehler immer lieferfähig sein. „Das Allerwichtigste ist, das vorrätig zu haben, was die Kunden wollen.“ Lieber hat er zu viel am Lager als zu wenig, denn: „Schnelldreher werden nicht schlecht, die haben kein Verfallsdatum“. Außerdem soll den Handelskunden der Verkauf, dem Handwerker die Montage von Karle & Rubner-Produkten erleichtert werden: „Wir wollen immer noch einfacher werden.“
Keine Angst vor unkonventionellen Ideen
Stiehler braucht keinen Chef-Habitus, um Chef zu sein - wobei er diese Bezeichnung nicht gerne hört. Er versteht sich eher als Primus inter pares, läuft wohl vorweg, achtet aber darauf, dass seine Mitarbeiter sein Tempo mithalten können. Deshalb hat er nicht von Anfang an den ganzen Betrieb umgekrempelt, sondern sukzessive Veränderungen eingeleitet. Auch dafür hat er keine Handbücher oder externe Hilfe zu Rate gezogen, sondern vielmehr seine Belegschaft eingebunden und sich auf deren Kompetenz verlassen. „Wertschätzung durch Vertrauen und Verantwortung“, ist die Devise des Unternehmers, der nebenbei eine Ausbildung zum systemischen Coach absolviert hat. Und seine Mitarbeiter danken es ihm durch Motivation und Loyalität.
Ideen werden im Team entwickelt. Einmal monatlich trifft sich der Führungskreis, dem Verantwortungsträger aus verschiedenen Bereichen angehören, und bespricht Themen wie Auftragswesen und Logistik, Marketing und Vertrieb, Sortiment und Produkte – „immer mit der Brille der Kunden“. Genauso regelmäßig finden Vertriebstagungen statt. Dabei kommen auch ungewöhnliche Ideen auf den Tisch und Stiehler scheut sich nicht, sie auszuprobieren. Zum Beispiel, dass Innendienst und Versand in einem Büro mitten im Lager zusammensitzen und zwei Koordinatoren als Bindeglied zwischen den beiden Abteilungen fungieren. Das beschleunigt und vereinfacht die Order: „Kunden haben schnellere und verbindlichere Ansagen.“ Oder, dass der Außendienst ein - nicht zu knappes – Fixgehalt erhält, denn „mit Provisionsvereinbarungen erziehst Du Egoisten heran und formst kein Team“. Im vergangenen Jahr neu geschaffen wurde eine Stelle für die professionelle CAD-Planung von Terrassen, die den Kunden als neue Serviceleistung angeboten wird.
„Amortisation ist nicht wichtig, sondern Schnelligkeit“
Die stetige Expansion hat auch räumliche Anpassungen gefordert, vor allem im Hinblick auf die Lieferfähigkeit und Warenverfügbarkeit. „Bevor wir Geld auf dem Konto parken, investieren wir es lieber darin, die Logistik noch besser zu machen.“ Die gerät nämlich bei zweistelligen Zuwachsraten Jahr für Jahr auch an ihre Grenzen. Daher hat Stiehler zum einen die Produktion aufgerüstet. So erhöht etwa eine neue Verpackungsmaschine die Flexibilität. „Amortisation ist nicht so wichtig, sondern Schnelligkeit“, ist auch hier Stiehlers Devise. Weil aufgrund der Kleinteiligkeit und Komplexität manches nicht automatisiert werden kann, sondern manuell erledigt werden muss, hat er zudem in Manpower investiert – das heißt, bei Karle & Rubner ist es eher Womanpower, denn der Frauenanteil im Unternehmen ist sehr hoch – und viele vorherige Aushilfen fest angestellt.
Zum anderen floss eine erhebliche Summe in die Lagerhaltung. Das neue Lager mit 1.500 Palettenstellplätzen und zusätzlicher Manipulationsfläche, im Sommer 2020 planmäßig fertiggestellt, ist schon zu Dreiviertel gefüllt. Da wird es nicht, wie eigentlich gedacht, drei Jahre dauern, bis wieder zusätzliche Kapazitäten geschaffen werden müssen.
Auch Showroom und Zentrale umgebaut und modernisiert
Auch der zweite Standort in Steinbrücken – Karle & Rubner ist historisch gewachsen in drei räumlich getrennte Betriebsteile gegliedert - der den Showroom beherbergt, wurde entkernt, erneuert und mit flexiblen Schulungsmöglichkeiten ergänzt. „Hier zeigen wir alles, was wir können“, erläutert Stiehler beim Besuch, „unsere 3D-Präsentationstische, die selbsterklärend den Terrassenbau abbilden, Regalkonzepte, Handmuster.“ Die Outdoor-Ausstellung, die um den Showroom herum angelegt ist, präsentiert verschiedene Terrassenvarianten, Sichtschutz und Überdachungen.
Nächstes Projekt: Praxis-Schulungen für das Handwerk
Nur wenige hundert Meter entfernt und dennoch einer anderen Gemeinde zugehörig liegt die Zentrale mit Tischlerei, Musterbau und Thermodilen-Produktion. Auch dort ist alles umgebaut, modernisiert und erweitert worden. Und das nächste Projekt ist bereits in Arbeit: Moderne Schulungseinrichtungen für Praxiskurse. „Wir wollen schneller und dichter an das Handwerk“, ist hier die Intention, die sicher auch in die Realität umgesetzt werden kann.
Der Betrieb prosperiert nicht nur ökonomisch. Die geringe Fluktuation ist nicht allein darin begründet, dass es in der Gegend nicht viele größere Arbeitgeber gibt, sondern die Mitarbeiter fühlen sich wohl bei Karle & Rubner. Das Image des Unternehmens ist so gut, dass es kein Problem sei, Nachwuchs zu gewinnen, wie Stiehler sagt. Ausgebildet wird unter anderem in den Berufsbildern Industriekaufleute, Fachkräfte für Logistik und Tischler. Bei der Bewerberauswahl geht er wieder eigene Wege statt der üblichen Assessment-Center: Nach der offiziellen Vorstellungsrunde werden die besten Kandidaten noch einmal gezielt auf Schlüsselqualifikationen getestet. Dafür müssen sie praxisbezogene Aufgaben lösen, zum Beispiel eine Reklamation beantworten, Achim Stiehler als fiktivem Kunden ein Produkt samt Montageanleitung erläutern oder auf der Homepage den richtigen Ansprechpartner für ein Problem finden.
Claudia Weidt