WdeR Fußbodenstudio GmbH - Vorbildliche Nachfolgeregelung 2019
WdeR Fußbodenstudio, Bocholt
Die Zukunft bis in die dritte Generation geplant
Vom Garagenlager bis zum modernen Ausstellungsraum, von einer Handvoll Mitstreitern bis zu 30 Mitarbeitern – die Familie de Ruiter hat ihr Unternehmen in 30 Jahren mit deutlichem Wachstum bis fast in die dritte Generation geführt. Die Jury würdigt die vorbildliche Nachfolgeregelung mit einem Parkett Star.
Wer ein Unternehmen von ganz unten aufbaut, wünscht sich, dass der eigene Nachwuchs in die mühsam geprägten Fußstapfen tritt und das Erreichte bewahrt oder sogar erweitert. Rolf de Ruiter (74) kann auf eine solche Entwicklung stolz sein. 1988 gründete der eingefleischte Schalke 04-Fan in Bocholt ein Fußbodengeschäft. Seinerzeit ging es vor allem um die Teppichverlegung. Das Lager war im eigenen Hause, der Klebstoff im Keller und gearbeitet wurde in der Garage. 1992 folgte die erste Expansion. Man blieb zentral, zog aber in die Kaiser-Wilhelm-Straße und mietete ein eigenes Lager an.
Die direkte Nachfolge wurde 1996 gesichert. Da stieg der ältere Sohn Marcel in die Firma ein. Der war wirtschaftlich kein Anfänger, hatte ursprünglich Steuerfachangestellter gelernt und längst eigenes Geld verdient. Das ermöglichte ihm, sich ein Jahr später mit eigenem Kapital zu 50 % in das Unternehmen einzukaufen. Diese Finanzspritze wurde genutzt. Bald wuchs der Betrieb auf sechs Mitarbeiter, die einen Umsatz von rund 500.000 DM erarbeiteten. Was dann kam, darf man ohne Übertreibung als starke unternehmerische Leistung bezeichnen. Der vorläufige Höhepunkt: Seit 2015 sitzt das WdeR Fußbodenstudio auf der sprichwörtlichen grünen Wiese im neuen Gewerbegebiet Holtwick auf 3.597 m² Grund mit 1.000 m² Halle und macht heute mit 30 Mitarbeitern einen Umsatz von knapp 6 Mio. EUR.
„Einer muss das Sagen haben.“
2015 wurde das jetzige Firmengebäude mit 400 m²-Ausstellung und Büroräumen in einem jungen Gewerbegebiet errichtet.
Noch gehört das Unternehmen je zur Hälfte Rolf de Ruiter und seinem Sohn Marcel. Letzterer hat aber das Vorkaufsrecht auf die 50 % des Vaters. Solch eine Regelung hat in Bezug auf den Firmenbestand erbrechtliche Vorteile. Marcel des Ruiter: „Ich muss meinen Bruder Dominik, der bei uns als Bauleiter für Böden tätig ist, die nichts mit Holz zu tun haben, nicht ausbezahlen. Wenn mein Vater mir die restlichen Anteile verkauft, kann er das Geld verteilen, wie er möchte." Außerdem gilt in der Familie das Motto: „Einer muss das Sagen haben!“
Eine Aufteilung der Firmenanteile an die Kinder war also nie geplant. Das sieht Marcel de Ruiter übrigens genauso, wenn er an seinen eigenen Nachwuchs denkt. Der älteste Sohn Lukas (18) studiert BWL und will, so hat er bekundet, anschließend in den Familienbetrieb einsteigen. Er geht damit einen ähnlichen Weg, wie sein Vater Marcel. Auch der war, nach eigenen Angaben, trotz einer anfänglich anderen Ausbildung, früh mit dem Geruch des Teppichs infiziert und hatte, wenn Zeit war, Bodenbeläge mit herausgerissen. Später scheute er keine Mühen, sich in der Branche weiterzubilden. 2001 machte Marcel de Ruiter seinen Parkettlegermeister und in den Jahren 2005 bis 2006 absolvierte er bei der Handwerkskammer nebenbei die Qualifikation zum Betriebswirt.
Für die Zukunft sagt er klar: „Den Betrieb werden wir auch später nicht zersplittern. Einer muss die Hosen anhaben." Wenn das der älteste seiner drei Söhne ist, so bleiben im Familienunternehmen genügend Aufgaben für die anderen. „Wir haben jetzt eine Größe erreicht, da müssen sich die Verantwortlichen spezialisieren.“ Deshalb wünscht er von seinen Jungen unterschiedliche Kompetenzen, sodass jeder später einen der benötigten Firmenbereiche, wie Technik, Handwerk und kaufmännische Aspekte, abdecken kann. Die Chancen, dass alle mitziehen, stehen gut, meint Marcel de Ruiter: „Kinder sind in einem Familienbetrieb ja vorgeprägt.“
Aufgabenteilung ist wichtig, wenn ein Unternehmen wächst. Das haben Rolf und Marcel de Ruiter jahrelang praktiziert. „Vater arbeitet lieber das Tagesgeschäft ab, ich dagegen habe Spaß am planen und Ideen entwickeln“, sagt der Sohn. Dass man dabei auch Konflikte zwischen den Generationen aushalten und unterschiedliche Auffassungen zulassen muss, ist Basis eines funktionierenden Familienmiteinanders. Marcel de Ruiter: „Ich möchte zum Beispiel unsere ständige Ausstellung eher nach dem aufgeräumten Prinzip ‚weniger ist mehr‘ gestalten, aber mein Vater mag es, wenn Muster und Exponate auf den Tischen herumliegen.“
Um solche Probleme würde manch ein um die Nachfolge ringender Betrieb das WdeR Fußbodenstudio beneiden. In Bocholt ist die familieninterne Fortführung des Betriebes gesichert. Trotzdem muss man sich auch hier den Herausforderungen der Gegenwart stellen. Marcel de Ruiter: „Handwerk hat goldenen Boden, aber es gibt kaum Handwerker am Markt. Wir bilden aus, trotzdem ist es ein ständiger Kampf, in der Region Nachwuchs zu finden.“ Sein aktuelles Team hat sogar gelernte Kfz-Mechaniker und andere Berufszweige in den Reihen, und zu seinen engagiertesten Auszubildenden zählen ein türkischstämmiger und ein afghanischer Lehrling.
Vor vier Jahren in den Standort investiert
Rund 1,4 Mio. EUR hat das Familienunternehmen 2015 in den Bau am jetzigen Standort investiert. Auf Laufkundschaft braucht man dort nicht zu warten. Marcel de Ruiter: „Die Leute kommen gezielt in unseren Showroom.“ Und das aus einem Umkreis von knapp 100 km, bis hinein nach Holland, Antwerpen, sogar Paris und München. „Der Markt ist in Deutschland für uns eigentlich unbegrenzt, da wir aufgrund unterschiedlicher Preisstruktur an manchen Orten sogar inklusive Anreise kostengünstiger sind als ortsansässige Parkettleger."
Große Glasfronten lassen viel natürliches Licht in die Ausstellung.
Und welche Bodenbeläge sind die Renner ? „Laminat machen wir höchstens auf Wunsch“, sagt Marcel de Ruiter. Mit 120.000 m² jährlich haben Vinylbeläge den Spitzenplatz erobert. 50.000 bis 60.000 m² Kautschukbeläge sind ebenfalls nicht zu verachten. Gut 8.000 m² Parkett verlegt die Parkettabteilung mit ihren acht gelernten Handwerkern im Jahr. Dabei machen Objekt-aufträge etwa die Hälfte der Auftragsmenge aber rund zwei Drittel des Umsatzes aus. Auch spezielle Aufträge, wie homogene PVC-Böden in OP-Räumen von Krankenhäusern, gehören zu den Tätigkeiten.
Im 400 m² Ausstellungsraum wird dem Besucher gleich vor Augen geführt, wer bei Parkett der Hauptlieferant ist. Hier steht ein kompletter Weitzer-Showroom. „1996 habe ich die Österreicher kennengelernt und einen persönlichen Draht entwickelt“, sagt de Ruiter. „Vor ein paar Jahren kam Hafro dazu und komplettiert unsere Linie im Mehrschichtbereich ideal. Da haben wir steigende Umsätze. Bei hochwertigen Dielen arbeiten wir mit der dänischen Firma Dinesen zusammen.“ Das WdeR Fußbodenstudio gehört keiner Einkaufsgenossenschaft an. Die Inhaber wollen authentisch und bei der Auswahl ihrer Produkte nachhaltig bleiben. Das meiste wird selber und direkt eingekauft.
Beachtliche Entwicklungspläne für die Zukunft
Die Nachfolge des Familienbetriebs ist in trockenen Tüchern. Bald hört der Seniorchef auf und Marcel de Ruiter hat mit Perspektive auf den Einstieg der nachfolgenden Generation beachtliche Entwicklungspläne. In zwei bis drei Jahren möchte er das Gebäude aufstocken, Büros und sogar einen Fitnessraum für die Mitarbeiter schaffen. Ein Fuhrpark mit 13 Kraftfahrzeugen und Lagerhaltung, um just in time liefern zu können – das alles ist schon da. „Man darf aber nicht stillstehen“, sagt Marcel de Ruiter, „sondern muss die Kommunikation mit Kunden nach modernen Gesichtspunkten aufbauen.“ hs
Vorbildliche Nachfolgeregelung des Jahres 2019