19.08.2024
49. Holzhandelstag: Wie KI den Holzhandel verändert
Die markante Kulisse von „Mainhattan“ bot einen imposanten Rahmen für den 49. Holzhandelstag, das jährliche Mitgliedertreffen des Gesamtverbandes Deutscher Holzhandel (GD Holz), das wieder zusammen mit der Gesellschafterversammlung des Holzrings abgehalten wurde. Gut 130 Gäste markierten eine Rekordteilnahme.
Zum (vorerst) letzten Mal begrüßte Carl Götz-Geschäftsführer Philipp Zumsteg das Auditorium als Vorstandsvorsitzender; nach zwei Amtszeiten, entsprechend sechs Jahren, hatte er sich nicht zur Wiederwahl gestellt - bleibt dem Gremium aber als Mitglied und Schatzmeister erhalten. Er zog eine ausgesprochen positive Bilanz der Verbandsarbeit: „Wir sind präsenter in der Öffentlichkeit durch unsere Homepage „Holz vom Fach“, haben mehr Gehör in der Politik gefunden und erfolgreich die Kampagne ,Holz rettet Klima’ gestartet.“ Zumsteg bedankte sich bei dem gesamten GD Holz-Team für die fruchtbare Zusammenarbeit und explizit bei Geschäftsführer Thomas Goebel für dessen Weitsicht und Souveränität. „Mit dem einen oder anderen Artikel haben wir auch mal für Diskussionsstoff gesorgt, das sollte auch sein, man muss nicht immer einer Meinung sein.“ Goebel seinerseits gab Dank und Meriten an Zumsteg zurück, er habe sich nachdrücklich für den Verband eingesetzt, sehr viel Engagement gezeigt, zu Kooperation und Kreativität motiviert.
Vorstandswahlen: Habisreutinger folgt auf Zumsteg
Das sind also schon große Fußstapfen, in die nun der neue Vorsitzende Maximilian Habisreutinger (Habisreutinger) tritt, der in einer Videoschalte seine einstimmige Wahl erlebte, da er nicht persönlich auf der Veranstaltung anwesend sein konnte. Seine Antrittsrede ließ erkennen, dass er sein Amt sehr ernst nimmt und mit ähnlich großem Einsatz wie Zumsteg ausfüllen will. Weitere Vorstandsmitglieder bleiben Matthias Roeren (stv. Vorsitzender), Jens Blume, Kai Cording, Martin Geiger, Rolf von Lossberg und Marina Saalfrank. Neu gewählt wurde Dietmar Reith vom gleichnamigen fränkischen Forstunternehmen. Zusätzlich wurde Michel Kahrs „zum Hineinschnuppern“ in den Vorstand kooptiert, um die jüngere Generation an das Ehrenamt heranzuführen.
Aus dem Verbandsleben: Neue Aufgaben, neue Gesichter...
Auch im GD Holz selbst hat sich personell in den letzten Monaten einiges bewegt. Nachdem die bisherige stellvertretende Geschäftsführerin und Justiziarin Dr. Katharina Gamillscheg als Hauptgeschäftsführerin zum Bundesinnungsverband der Tischler und Schreiner gewechselt hat, wurde Jörg Schwabe zum neuen stellvertretenden Geschäftsführer berufen. In dieser Funktion verantwortet er auch die Servicegesellschaft des GD Holz, die EUDR-Dienstleistungen, den Fachbereich Rohholz und weiterhin den Branchentag Holz. Die rechtliche Beratung übernimmt nun ein Externer, Rechtsanwalt Dr. Benjamin Brenken von der Berliner Sozietät & Partners Widegreen, Flötotto und Brenken. Nils Olaf Petersen, der den Fachbereich Außenhandel leitet, lenkt jetzt zusätzlich als Generalsekretär die Geschäfte des europäischen Holzhandelsverbandes ETTF, die Thomas Goebel bislang in Personalunion führte. Seit dem 1. Juni nimmt der politisch erfahrene Tobias Lamer die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Interessenvertretung des Verbandes wahr. Er kommt vom HDH. Und schließlich betreut Lydia Kraft die Abteilung EUTR Consulting, der auch die Themen Zertifizierung und Lieferkettengesetz zugeordnet sind.
... und Verabschiedungen
Aber es gab nicht nur Neuzugänge, sondern auch Verabschiedungen. So empfahl sich Hartmut Gross nach fünfzehnjähriger Vorstandsarbeit aus dem Gremium und Hein Denneboom beendet sein aktives Berufsleben. Fast 42 Jahre war der gebürtige Niederländer für den Verband aktiv und hat in dieser Zeit viel bewirkt und bewegt, unter anderem die Servicegesellschaft des GD Holz mit initiiert und aufgebaut. Nun will sich der „Libero-Typ“ mehr dem Privatleben widmen und wurde mit Standing Ovations gewürdigt.
Was bleibt noch aus dem Verbandsleben zu berichten? Die Beiträge bleiben stabil und der GD Holz hat die Mitgliedschaft im BGA gekündigt, dem Bundesverband Groß- und Außenhandel.
Der nächste, dann 50. Holzhandelstag, wird voraussichtlich in Bremen stattfinden. Der Termin wird noch bekanntgegeben.
Claudia Weidt
Vorträge vom 49. Holzhandelstag
Dr. Benjamin Brenken zum Lieferkettengesetz und zur EUDR
„Noch mehr Bürokratie“
Ein Schwerpunkt des Vortrages von Dr. Benjamin Brenken war das neue EU-Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzt, kurz Lieferkettengesetz, und dessen Konsequenzen für den mittelständischen Fachhandel. Es gilt seit 1. Januar 2024 für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und sorgt neben der EUDR für weiteren bürokratischen Aufwand. Der GD Holz hilft hier unter anderem mit einem Musteranschreiben an die Lieferanten.
In aller Munde und quasi auf jeder Branchenveranstaltung Thema ist die EUDR, die Nachfolge-Verordnung der EUTR, die ab 30. Dezember 2024 angewendet werden muss und die aus verschiedenen Gründen auf große Kritik nicht nur in Deutschland gestoßen ist.
(Wir haben bereits mehrfach darüber berichtet, Anm.d. Redaktion). Hoch umstritten ist etwa die Risikoeinteilung der Ursprungsländer. Der GD Holz setzt sich sowohl für eine Verschiebung als auch eine Überarbeitung der EUDR ein. Parallel wird vorsorgtlich eine Software entwickelt, die den Verbandsmitgliedern die Einhaltung der EUDR erleichtern soll.
Leony Dörr über „Holz rettet Klima“
„Mission Holz 2030“
15 Verbände aus der Holzwirtschaft unterstützen die Initiative „Holz rettet Klima“ und setzen sich damit für die Förderung nachhaltiger Holzwirtschaft ein. Auch der GD Holz gehört mit 25.000 EUR jährlich zu den Sponsoren der „Mission Holz 2030“, deren Vision ist, die Rolle von Holz in einer nachhaltigen Zukunft zu verankern. „Wir streben danach, dass Deutschland führend in der Nutzung und Verarbeitung von nachhaltigem, heimischen Holz wird“, benannte Leony Dörr vom Deutschen Holzwirtschaftsrat (DHWR) das Anliegen von „Holz rettet Klima“. Sie kommuniziert nachdrücklich die wertvolle Funktion von Holz für den Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Biodiversität - auf der eigenen Landing Pange und mit einer Kampagne in Social Media. Unternehmen, die „Holz rettet Klima“ mittragen wollen, können sich auf der Website des DHWR über Mitmach-Möglichkeiten informieren, Visuals, Pressemitteilungen und vorbereiteten Social Media Content herunterladen.
Robin Huth: Positive Prognose für den Holzmarkt
„Positive Impulse aus Renovierung und Sanierung“
Keine Entwarnung für die unmittelbare Zukunft, aber zumindest einen Lichtblick in mittelfristiger Zukunft konnte Robin Huth, Head of Market Research von B + L Marktdaten, in seiner Prognose für die Marktentwicklung aufzeigen. Aktuell sei die Lage in der Bauwirtschaft ein Trauerspiel, sagte er offen, doch würden sich die Erwartungen allmählich bessern. Hintergrund ist vor allem, dass sich 2024 die Verbraucherstimmung wieder aufzuhellen scheint. „Die Einkommenserwartungen steigen, die Inflation sinkt, es kommt wieder Zuversicht auf“. Zudem sei 2023 viel in Photovoltaikanlagen und Wärmepumpen investiert worden. „Dieser Boom ist vorbei und damit wieder Geld für andere Investitionen frei.“ Die Sparquote und das Sparvolumen der Haushalte seien hoch. Ab der zweiten Jahreshälfte 2024 könnten sich die Effekte bemerkbar machen, schätzte der Marktforscher.
Auch die Baupreise würden sinken, „was wieder eine Projektplanung möglich macht“, sich jedoch noch nicht in einer Trendumkehr bei den Wohnbaugenehmigungen widerspiegelt, die weiter deutlich im Minus verharren. Der Neubau bliebe also weiter im Keller, dafür seien Immobilienkredite und Gebrauchtimmobilien wieder günstiger - auch das verspreche positive Impulse und ziehe Renovierungen nach sich. „Man kann also optimistisch sein, zumindest, was die Renovierung und Sanierung betrifft.“
Prof. Dr. Christian Stummeyer über die Kunden der Zukunft mit Beispielen aus der KI
„KI ist ein leistungsfähiger Kollege“
Über den Kunden der Zukunft - und wie der Megatrend KI den Holz(einzel)handel verändert, sprach der Wirtschaftsinformatiker Prof. Dr. Christian Stummeyer - und wusste dieses Thema ebenso kompetent wie anschaulich zu inszenieren. Zur Einführung nannte der Professor für Digital Commerce einige Rahmendaten: Danach ist der Onlineumsatz im B2C-Geschäft in Deutschland in den letzten zehn Jahren im Schnitt auf 85,4 Mrd. EUR gestiegen. Davon entfielen 9,1 %, entsprechend 7,8 Mrd. EUR, auf das Segment Wohnen & Einrichten und 3,5 %, gleich 3 Mrd. EUR, auf Heimwerken & Garten. Damit wurden 18,2 % der Umsätze im Bereich Wohnen & Einrichten online getätigt, im Segment Heimwerken & Garten waren es 6,9 %.
Über 60 % der Online-Erlöse entfielen inzwischen auf Marktplätze wie Amazon - mit steigender Tendenz. Sie fungierten sogar schon statt Google als Suchmaschine. Als das Erfolgsrezept dieser Marktplätze identifizierte Stummeyer die sogenannte Customer Obsession, sprich den starken Kundenfokus. „Insofern tun wir gut daran, auf den Kunden zu schauen und was der will“, so der E-Commerce-Experte. Zumal die Digital Natives als neue Generation der Kunden und Einkäufer eine „Amazonisierung“ von Prozessen erwarten würden. „Das muss alles einfach und schnell gehen, vom Kauf bis zur Bewertung. Machen Sie es dem Kunden leicht und bequem, mit Ihnen ins Geschäft zu kommen.“ Ultra Convenience nennt Stummeyer es, wenn „Kunden nicht mehr merken, dass sie kaufen.“
Zu berücksichtigen sei dabei grundsätzlich, dass diese Klientel mobil vernetzt ist, sich online informiert, selbst, wenn sie dann stationär kauft und zu 92 % über mobile Geräte auf das Internet zugreift. Ergo: „Wenn Sie digitale Angebote schaffen, müssen diese auf dem Smartphone bzw. mobilen Geräten funktionieren.“
Und wer sind nun diese Digital Natives? Sie lassen sich nicht über einen Kamm scheren, betonte Stummeyer mit Blick auf die Unterschiede. Danach legt „Daniel“ als Vertreter der Generation Y (Geburtsjahr 1980-1996) Wert auf Work-Life-Balance, recherchiert vor dem Kauf im Internet, tätigt ihn dann jedoch im stationären Handel und ist teilweise noch auf Facebook unterwegs. „Anna“, die Generation Z (1997 - 2010), befasst sich mit dem Klimawandel, kauft nur über digitale Kanäle und nutzt Instagram. Für „Leon“, die Generation Alpha (2011-2025), sind Nachhaltigkeit und Diversität wichtig, sein Medienverhalten ist stark geprägt von Bewegtbildern und Tiktok. Wichtig zu wissen: Sobald ein Kunde einen Social Media-Account hat, unabhängig vom Alter und dem jeweiligen Kanal, ist er ein Micro-Influencer. „Unterschätzen Sie nicht die Macht dieser Micro-Influencer“, mahnte Stummeyer.
Ebenso wichtig: Nachhaltigkeit ist ein Trend, der sich seit 2018 deutlich verstärkt. 62 % der Generation Z kaufen bevorzugt bei nachhaltigen Marken. „Kunden wollen Nachhaltigkeit – Konsum mit Verantwortung“, unterstrich Stummeyer und riet den anwesenden Holzhändlern: „Machen Sie die Nachhaltigkeit bei Ihren digitalen Angeboten sichtbar, zum Beispiel, indem Sie Filtermöglichkeiten für nachhaltige, erneuerbare, recycelbare Materialien o.ä. einbauen. Und argumentieren Sie, warum der Preis für diese Produkte höher ist.“ Denn 69 % der Kunden seien bereit, einen Aufpreis für nachhaltige Produkte zu zahlen, 55 % würden einen Preisaufschlag von bis zu 10 % akzeptieren.
Was die Welt gerade massiv verändert, ist Künstliche Intelligenz (KI), die in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht hat. Durch den Einsatz von Deep Learning und neuronalen Netzwerken sind Programme wie Chat GPT & Co in der Lage, menschenähnliche Aufgaben auszuführen und zu „lernen“. „Das Zeitalter der generativen KI hat begonnen“, so Stummeyer und nannte als ein Beispiel Chat GPT von Open AI. Der bekannteste Chatbot habe gerade einmal zwei Jahre gebraucht, sich auf breiter Front zu etablieren. Das System kann komplizierte Sachverhalte einfach erklären, Nachrichten, E-Mails, Marketingtexte und sogar Musik schreiben - und dabei Vorgaben an eine bestimmte Zielgruppe, Tonalität, Länge und Form erfüllen, die im sogenannten Prompt formuliert werden.
Und: Das Programm ist selbstlernend. Das klingt für den Laien unheimlich, aber Stummeyer gab Entwarnung: „Chat GPT ist ein statistisches Sprachmodell, kein Wissensmodell. Andersherum gesagt: Es hat „keine Ahnung“, was es schreibt.“ Mit anderen KI-Apps kann man eigene Bilder generieren – „Bilddatenbanken sind damit praktisch tot“ – oder sogar seinen eigenen digitalen Avatar erschaffen, der etwa in verschiedenen Sprachen kommunizieren kann. Seinen virtuellen Zwilling führte Stummeyer in Frankfurt vor. Sein Fazit: „KI wird in die Arbeitswelt einziehen und ist ein leistungsfähiger Kollege, der das Leben einfacher macht.“
Aber: die KI hat auch ihre Tücken. Etwa die sogenannten Halluzinationen, d.h. wenn sie den Input falsch verarbeitet, das Ergebnis jedoch plausibel erscheint. Stummeyer führte hier als Beispiel seine Vita vor, für die er Rahmendaten wie Namen und Geburtsdatum eingegeben hatte, woraus Chat GPT einen Lebenslauf verfasste, der überhaupt nicht den Tatsachen entsprach. Ein zweites Beispiel war ein Bild von Alt-Bundeskanzlerin Angela Merkel und Papst Franziskus aufgrund eines relativ konkreten Prompts aus dem dennoch ein falsches Resultat entstand - nämlich Angela Merkel in der Papst-Soutane. Zweite Herausforderung ist der Datenschutz; Stummeyer empfahl, weder personenbezogene Daten, noch Geschäftsgeheimnisse oder Firmenstrategien in ein KI-Programm einzuspeisen.