29.02.2024

Meisterwerke: „Wir haben vieles richtig gemacht und sehen uns für die Zukunft gut aufgestellt“

Die Meisterwerke haben 2023 in mehrfacher Hinsicht eine Zäsur erlebt: das langjährige Führungs-Triumvirat wurde aufgelöst und die Eigentumsverhältnisse neu geordnet, Guido Schulte ist nun alleiniger geschäftsführender Gesellschafter. Und im Zuge der Branchenkrise musste das Familienunternehmen umstrukturieren und sich auch von einem Teil der Belegschaft trennen. Was das alles bedeutet und wo die Meisterwerke nun stehen, erörterte Parkett Magazin mit Guido Schulte, Geschäftsleitungsmitglied Stefan Pföhler und dem neuen Leiter Marketing und Produktmanagement, Frank Thiesmann.



Parkett Magazin: 2023 war ein sehr bewegtes Jahr für Sie, zum einen extern aufgrund der schwierigen Marktverhältnisse, zum anderen intern aufgrund der ganzen Veränderungen und des Personalabbaus. Wie sehen und erleben Sie das im Rückblick?

Guido Schulte: Wie Sie sagen: Das Jahr war sehr, sehr schwer. Das geht nicht spurlos an einem vorbei. Wir haben uns leider von von 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern trennen müssen und uns darüber hinaus komplett neu strukturiert. 2023 war aufgrund der äußeren Umstände das wirtschaftlich schwierigste Jahr, das die Meisterwerke je erlebt haben. Man spürte es auch in der Belegschaft, die Verunsicherung war hoch. Langsam entwickelt es sich wieder, aber das letzte Jahr hat sicherlich Spuren hinterlassen und ich bin froh, dass es vorbei ist. Mit den notwendigen Maßnahmen haben wir uns auf die neuen Marktrealitäten eingestellt. Wir planen für 2024 auf dem gleichen niedrigen Niveau wie im Vorjahr – damit kommen wir mit deutlich verbesserten Kostenstrukturen gut klar. Und dann hoffen wir, dass es in 2025 endlich wieder etwas anzieht und wir in den Wachstumsmodus wechseln können.

In der Branche schwanken die Umsatzverluste 2023 grob gesagt zwischen 20 und 40 %. Wie war es bei Ihnen?

Schulte: Unser Ziel für 2023 waren knappe 200 Mio. EUR Umsatz, die wir das Jahr zuvor bereits erreicht hatten. Dieses Ziel haben wir aufgrund des Markteinbruchs weit verfehlt. Auch wenn die finalen Abschlusszahlen noch nicht vorliegen, landen wir bei rund 160 Mio. EUR und damit ca. 20 % unter Vorjahr und Budget.

Als sich abzeichnete, dass sich der Markt auch in der zweiten Jahreshälfte nicht wieder beleben würden, haben wir das Heft des Handels relativ schnell in die Hand genommen und mit zahlreichen Maßnahmen gegengesteuert, unter anderem mit dem bereits erwähnten Stellenabbau, den wir so ausgewogen und sozialverträglich wie möglich gestalten wollten. Im Nachhinein kann ich sagen, dass sich dieser gesamte Prozess sehr zäh und langwierig angefühlt hat, insbesondere, weil wir frühzeitig und offen über den notwendigen Stellenabbau kommuniziert haben. Trotz nichtmal drei Monaten von der Kommunikation bis hin zur Umsetzung war das natürlich eine Hängepartie für die Mitarbeiter für jeden Mitarbeiter, da sich jeder gefragt hat, ob er dabei ist oder nicht.

Sie sind persönlich vor Ihre Belegschaft getreten und haben das erklärt. Sie sind dem nicht ausgewichen…

Schulte: Wir haben von Anfang an versucht, so zeitnah, offen und persönlich wie möglich zu kommunizieren, insbesondere wollten wir mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Dialog kommen, keine reine Frontbeschallungsveranstaltung durchführen. Daher haben wir für die Informationsveranstaltung einen externen Coach und Moderator hinzugezogen. Die Mitarbeiter konnten und sollten Fragen stellen, die sie auf Karten notiert haben. Das war – vor allem auch für mich persönlich – emotional sehr bewegend.

Nachdem wir uns dann mit dem Betriebsrat auf einen Interessensausgleich und Sozialplan verständigen konnten, haben wir mit den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern persönlich gesprochen und nach Abschluss der Maßnahme eine weitere Informationsveranstaltung abgehalten. So negativ die Botschaften auch waren, die wir zu überbringen hatten: Ich glaube, dass wir das sehr fair – weil offen und ehrlich - hinbekommen haben.

War sowieso eine Reorganisation angebracht und geplant oder rein eine Folge der äußeren Umstände?

Schulte: Nein, wesentlicher Treiber waren die äußeren Umstände. Wir sind sozusagen auf der Überholspur ausgebremst worden, haben mit einem so massiven und vor allem nachhaltigen Einbruch nicht gerechnet. Einige Wochen zuvor haben wir sogar noch neue Mitarbeiter eingestellt, waren auf einem guten Weg, konnten sehr gute Absätze verzeichnen un die teilweise langen Lieferzeiten der vergangenen Monate hinter uns lassen.

Und dann drehte sich alles… im November 2022 haben wir noch Kurzarbeit angemeldet, weil wir davon ausgegangen sind, dass die rückläufige Entwicklung nur einige Monate anhält und sich dann wieder bessert. Und wir wollten natürlich die Mitarbeiter halten, die wir gerade mit vielen Anstrengungen für die Meisterwerke gewonnen hatten. Es ist ja aktuell nicht mehr so einfach, Menschen dazu zu bewegen, im Dreischicht-Betrieb zu arbeiten. Deshalb haben wir so lange wie möglich an ihnen festgehalten und das Instrument der Kurzarbeit genutzt. Nur macht es keinen Sinn mehr, wenn abzusehen ist, dass es sich nicht besser.

Sie haben es eben erwähnt: der Umbau ist jetzt abgeschlossen?

Schulte: Ja, definitiv. Mitte 2022 hatten wir noch fast 730 Mitarbeiter, jetzt sind es 560. Darin sind nicht nur die 80 Arbeitsplätze enthalten, die wir abbauen mussten, sondern auch Stellen, die durch Fluktuation nicht wieder nachbesetzt worden sind.

Stefan Pföhler: Wir waren einer der ersten, die reagiert haben. Die Meisterwerke bauen Stellen ab - das war mit Sicherheit im Markt ein Aha-Erlebnis. Wären wir ein halbes Jahr später dran gewesen, hätten viele der Mitarbeiter nicht so schnell einen neuen Job in der Region gefunden.

Ganz nebenbei haben wir in diesem schlechtesten Geschäftsjahr neben dem Stellenabbau auch die größten Kosteneinsparungen realisiert, die es je im Unternehmen gab. Wir reden hier von zweistelligen Millionenbeträgen – neben dem Personal, wie gesagt. Wir haben jeden Euro umgedreht und uns bei jeder Ausgabe gefragt, ob sie gerade wirklich notwendig ist.

War dann im Endeffekt das Ergebnis nur blassrot statt tiefrot?

Schulte: Nein, das war schon tiefrot, leider. Denn bei 20 % Umsatzeinbruch ist ein produzierendes, anlagenintensives Unternehmen eben nicht in der Lage, ad hoc die Kostenstrukturen um 20 % anzupassen. Aber ein gesundes Unternehmen kann auch mal so ein Jahr durchstehen. Die Meisterwerke haben eine gute Grundsubstanz und eine relativ hohe Eigenkapitalquote. Und wie bereits erwähnt: wir haben schnell gehandelt und uns auf die verringerte Nachfrage eingestellt.

Pföhler: Und dieses Handeln spiegelt sich bereits seit Ende des vergangenen Jahres in unseren Monatsergebnissen wider. Die Maßnahmen fruchten und wir sind mit Blick auf unsere Ertragslage zufriedenstellend in 2024 gestartet.

Noch einen letzten Blick zurück und dann wollen wir dieses unglückliche Jahr 2023 hinter uns lassen. Wie haben sich a) die verschiedenen Märkte entwickelt und b) Ihre viele verschiedenen Produktgruppen?

Schulte: Mit Blick auf die einzelnen Märkte haben wir den massivsten Einbruch zunächst in Deutschland verzeichnet, die einzelnen Exportmärkte haben sich diesem Trend nach und nach angeschlossen. Es gibt eigentlich keinen Exportmarkt, der sich gegen den Trend entwickelt hat. Auf der Domotex sagte jemand zu mir, „Deutschland ist der Motor von Europa und wenn der stottert, stottern alle anderen auch.“ Das hat sich so bewahrheitet. Wir haben uns mittlerweile sehr gut in Skandinavien etabliert und dort sind die Absätze genauso weggebrochen wie hier, obwohl es dort völlig andere Gründe gab als die, die in Deutschland herangeführt wurden, wie zum Beispiel die hohen Energiekosten.

Unter den Produktkategorien ist Parkett das Produkt, das am meisten gelitten hat – mit Abstand. Das fing mit den Versorgungsengpässen durch den Ukraine-Krieg an. Aus diesem Loch sind wir nicht wirklich wieder herausgekommen. Hier haben wir also analog zum Gesamtmarkt am meisten Absatz eingebüßt.

Laminatboden war auch deutlich rückläufig, prozentual jedoch weniger, eher um 25 %. Bei Designböden haben wir ebenfalls Rückgänge zu verzeichnen. Paneele sind eine Nische, die für uns gut funktioniert, dort hatten wir nur leichte Rückgänge.

Klarer Lichtblick ist Lindura. Wenn man hier die Entwicklung verfolgt und die überproportional positiven Corona-Jahre 2021 und 2022 aus der Betrachtung herausnimmt, verzeichnen wir eine durchgängige Steigerungsrate. Das ist und bleibt ein Zukunftsprodukt der Meisterwerke, das wir weiter forcieren werden.

Bleiben wir kurz beim Export. Welche sind dort Ihre Zielmärkte? Sie sagten gerade, in Skandinavien seien Sie schon gut aufgestellt...

Pföhler: In Summe haben wir einen Exportanteil von knapp 45%, also gut die Hälfte unseres Umsatzes geht in den Export. Und ja, in Skandinavien haben wir vor fünf Jahren angefangen und sind mittlerweile flächendeckend in Schweden, Norwegen und Finnland präsent. An Dänemark arbeiten wir gerade noch, wobei sich auch dort gerade Strukturen und Kanäle verändern. Benelux läuft sehr gut, in Spanien sind wir sehr gut vertreten, das heißt, die Kernmärkte in Nord- und Westeuropa können wir gut besetzen.

Der Fokus im Export liegt deshalb darauf, in den Märkten, in denen wir schon gut vertreten sind, eine noch bessere Marktdurchdringung zu erzielen. Deshalb wollen wir zum Beispiel in Skandinavien noch stärker wachsen, weil die Märkte sehr holzaffin sind. Norwegen war im letzten Jahr unser stärkster Lindura-Markt, dort werden solche innovativen Produktgattungen gut angenommen.

Schulte: Die Skandinavier lieben Holz. Mit Echtholzprodukten kann man dort punkten. Insofern ist das ein prädestinierter Markt für uns unsere Produkte.

Was ist mit den großen Überseemärkten wie zum Beispiel China? Dort sind einige Ihrer Kollegen recht erfolgreich.

Schulte: Auch wir sind in China aktiv, für uns ist dieser Markt aber noch deutlich ausbaufähig. „Made in Germany“ ist immer noch gefragt, aber der Markt dort ist erzeit ziemlich umkämpt. Wir müssen schauen, wie wir perspektivisch in China stärker Fuß fassen, denn das ist nun mal einer der wichtigsten Fußbodenmärkte überhaupt.

In weiteren großen Überseemärkten wie in Amerika, besonders in Nordamerika, sind wir wenig vertreten. Aber auch damit müssen wir uns in Zukunft vor dem Hintergrund der starken Marktentwicklung intensiv auseinandersetzen.

Pföhler: Wenn man über die Entfernung dort Fuß fassen will, bleibt eigentlich nur, eine eigene Tochtergesellschaft vor Ort zu gründen. Vom Schreibtisch in Meiste aus kann man das nicht steuern. Doch die Möglichkeiten in Europa sind für uns noch so groß, dass es sich momentan nicht lohnt, dort groß zu investieren.

Hatten Sie auch Russland-Geschäft?

Pföhler: Ja, aber auf einem Niveau, bei dem wir die Reißleine ziehen konnten, ohne dass es schmerzhaft für uns war.

Nach dieser Schleife zurück zu den Produkten. Ist Lindura inzwischen Ihr stärkstes Produkt?

Pföhler: Absatztechnisch nicht, aber im Umsatz. Von der Gesamtmenge her ist immer noch der Laminatboden die stärkste Produktgruppe, obwohl er in den letzten Jahren verloren hat. Umsatztechnisch war vor drei, vier Jahren noch Laminat die Nr. 1 und Parkett die Nr. 2, daran ist Lindura mittlerweile vorbeigezogen.

Wie groß schätzen Sie den Markt? Sind 4 Mio. m2 realistisch?

Schulte: Für 2022 ja, letztes Jahr ist er zurückgegangen.

Und sind Sie die Nr. 1?

Schulte: Der größte Einzelanbieter: Ja, mit Sicherheit. Wir sind natürlich auch schon relativ lange am Markt.

Pföhler: In Deutschland sind wir ganz klar die Nr. 1. Und auch wenn wir auf Europa schauen, sind wir der größte Einzelanbieter.

Also Lindura ist ein Zukunftsprodukt. Welche noch? Und welche sehen Sie eher skeptisch?

Schulte: Das Thema Designboden entwickelt sich weiterhin gut. Ich glaube, dass wir hier mit unserer Vielfalt gut aufgestellt sind – auch wenn unsere holzbasierten Produkte mit für uns hoher Wertschöpfungstiefe eher etwas für den deutschsprachigen Raum sind. Im Export stehen die kunststoffträgerbasierten Produkte im Fokus, bei denen unser Sourcing-Anteil deutlich größer ist.

.....

Das komplette Interview erschein in Parkett Magazin 2/24.

Das Gespräch führte Claudia Weidt Anfang Februar.<



Meisterwerke Schulte GmbH
Johannes-Schulte-Allee 5
59602 Rüthen
Tel.: +49 2952 8160
www.meisterwerke.com, info@meisterwerke.com

Gesellschafter und Geschäftsführung: Guido Schulte
Geschäftsführung: Guido Schulte
Geschäftsleitung: Georg Kruse (Chief Supply Chain Officer, CSCO), Jörg Peterburs (Chief Strategy Officer, CSO, Leitung Unternehmenskommunikation), Stefan Pföhler (Chief Saes & Marketing Officer, CSMO), Dr. Jan Puttfarken, Chief Operations Officer, COO), Gregor Wallmeier (Chief Financial Officer, CFO)
Leitung Forschung und Entwicklung: Volker Kettler

Umsatz: 199 Mio. EUR (2022)
Mitarbeiter: 560 (Ende 2023)
Exportanteil: 45 %
Marken: Meister, Hain Naturböden, Moderna

Sortiment:
• Parkett: Dreischichtparkett
• Furnierböden
• Lindura Woodpowder-Böden
• Laminatböden
• Designböden
• Paneele
• Leisten
• Wuchshüllen
Vertriebswege:
• OEM
• Kooperationen
• Holzhandel
• Bodenbelagsgroß- und fachhandel
• Baustoffhandel
• DIY/Baumärkte
• Industriefähiger Einzelhandel
• Objekteure
• Bodenlegendes Handwerk
• Möbel- und Einrichtungshäuser
• Online-Handel
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Foto/Grafik: SN-Verlag
Stefan Pföhler, Guido Schulte, Frank Thiesmann: „Wir sind froh, dass wir so breit aufgestellt sind und so viele Standbeine haben. Deshalb kommen wir ganz gut durch die Krise hindurch. Daher werden wir nicht von dieser Strategie abweichen und bleiben Vollsortmenter.“
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Guido Schulte (46) ist seit 1. Juli 2023 alleiniger geschäftsführender Gesellschafter der Meisterwerke Schulte. Er hielt bereits seit 2011 die Mehrheit an dem Familienunternehmen. Der zweifache Familienvater ist besonders technik- und produktionsaffin: Nach der Tischlerlehre bildete er sich zum staatlich geprüften Holztechniker und Meister Holzhandwerk weiter und schloss ein Studium zum Diplom-Ingenieur Produktionstechnik an.
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Stefan Pföhler (37), stieg 2015 als Manager Vertriebssteuerung und -controlling bei den Meisterwerken ein, wurde Anfang 2020 zum Vertriebsleiter berufen und 2023 zum Mitglied der Geschäftsleitung ernannt und verantwortet in dieser Position Vertrieb, Marketing und Produktmanagement. Der Betriebswirt begann seine berufliche Laufbahn in einem international agierenden Konzern.
Meisterwerke: „Wir haben vieles richtig gemacht und sehen uns für die Zukunft gut aufgestellt“
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Frank Thiesmann (50), hat zum 1. Februar die Leitung Marketing & Produktmanagement bei den Meisterwerken übernommen und berichtet in dieser Funktion an Stefan Pföhler. Der Betriebswirt bringt umfangreiche Erfahrungen aus diversen Führungspositionen im Marketing mit, zuletzt als Head of Marketing DACH, Benelux, Skandinavien, Norditalien bei Egger Holzwerkstoffe.
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