25.10.2023
Exklusiv-Interview Amorim Deutschland: „Digitaldruck ist die Zukunft“
Amorim, von jeher innovations- und investitionsfreudig, sieht eine positive Zukunft in der Verbindung von Kork und Digitaldruck und installiert gerade für einen hohen Millionenbetrag eine neue Digitaldruck-Anlage. Was sich der Kork-Branchenprimus davon verspricht, vor allem im Schlüsselmarkt Deutschland, und wie er die aktuellen Herausforderungen bewältigt, erörterte Parkett Magazin mit Deutschland-Geschäftsführer Tomas Cordes.
Parkett Magazin: Herr Cordes, die Branche und der Markt kämpfen gerade mit massiven Herausforderungen – welche, ist unseren Lesern bekannt, das brauchen wir nicht zu wiederholen. Wie hat sich Amorim letztes und dieses Jahr geschlagen ?
Tomas Cordes: Das letzte Jahr war nicht einfach, aber vom Umsatz und Ergebnis her soweit in Ordnung. Was das Jahr so besonders gemacht hat, war die Unsicherheit am Rohstoffmarkt. Wir haben 2022 fünf Preisanpassungen vornehmen müssen aufgrund permanenter und teilweise täglicher wechselnder Verteuerungen im Bereich der Rohmaterialien, insbesondere bei Vinyl und HDF, gegen Ende des Jahres auch bei Kork. Das heißt, das ganze Jahr über stand eigentlich immer der Preis im Vordergrund.
Deutlich spürbar war das auch bei der für uns wichtigen Produktgruppe Holzfertigparkett, für die wir uns auch aus Fernost bedienen. Die Produzenten haben die Preise erhöht, die Transportkosten haben sich verzehnfacht und dann kam in der zweiten Jahreshälfte noch der Energieschock hinzu. Das war wirklich nicht einfach, aber unsere Kunden haben fantastisch mitgezogen.
Letztlich kann ich für Amorim Deutschland berichten, dass 2022 ein erfolgreiches Jahr war. Obwohl der Umsatz im zweiten Halbjahr sehr verhalten war. Dabei hatte 2022 relativ verheißungsvoll begonnen – bis der Ukraine-Krieg, die Inflation und die hohen Zinsen zu einem dramatischen Einbruch im Neubau und in der Renovierung führten. Das bekommen wir dieses Jahr deutlich zu spüren.
Die Preise befinden sich wieder auf dem Weg nach unten, was nicht unbedingt mit günstigeren Rohmaterialien zusammenhängt, sondern den enormen Warenbeständen, die die Industrie wie auch der Handel im letzten Jahr aufgebaut haben. Weil die hohe Nachfrage und die Verzögerungen in der Supply Chain zu Lieferengpässen führten, haben wir uns alle vorsorglich gut bevorratet. Und als dann die Nachfrage einbrach, waren die Lager voll...
Offen gesagt klingt das jetzt nicht so eindeutig nach einem wirtschaftlich erfolgreichen Jahr... aber Ihr Ergebnis scheint trotzdem gut gewesen zu sein ?
Ja, das Ergebnis war positiv, weil wir kostensparend agiert haben. Für Amorim Flooring insgesamt hingegen war und ist die Situation schwer, was den russischen Markt anbetrifft, der ja von einem Moment zum nächsten auf Null herunterfuhr und wo es auch keinerlei Aktivitäten mehr gibt.
War Russland ein wichtiger Markt für Amorim Flooring ?
Ja, auch wenn er in den letzten Jahren etwas unter Druck geraten war. Dafür entwickeln sich die USA auf gutem Niveau. Ein überraschend guter Markt ist Dänemark, nicht nur für unsere eigenen Produkte, sondern auch die Handelsware wie Holzfertigparkett oder SPC.
Ich muss gestehen, dass ich Amorim als Parkettlieferant nicht wirklich auf dem Schirm hatte...
Das ist ein Fehler... für uns ist das Parkettgeschäft wichtig und wertvoll – und das schon sehr lange. Bei Amorim Deutschland sind wir bereits 1988 mit Parkett gestartet, damals Finnparkett von Upofloor, parallel fing auch Amorim Benelux mit Parkett an und das entwickelte sich fantastisch. Als DLW und Upofloor ein Joint-Venture eingingen, waren wir gefordert, uns nach alternativen Bezugsquellen umzusehen und haben dann den Einkauf in Asien entwickelt.
Das heißt, Sie beziehen schon länger und ganz offiziell aus Asien, wahrscheinlich China, und machen kein Geheimnis daraus ?
Nein. Wir verstecken überhaupt nichts. Warum auch ? Die Produkte sind perfekt, werden gezielt und nach unseren Vorgaben für Europa entwickelt und produziert. Die Decklagen stammen heute ausschließlich aus Europa, die Fertigungstechnik ist auf einem hohen Standard, die Sortierbilder sind besser als manches, was man hier sieht. Und wir können zudem die Produkte in Handarbeit bearbeiten, geschroppte und gehobelte Oberflächen realisieren.
Und welche Parkettart bieten Sie an, nur Dreischicht-Landhausdielen ?
Das kommt darauf an und ist von Markt zu Markt unterschiedlich. Unsere polnische Niederlassung beispielsweise vermarktet viel Massivparkett, für den niederländischen und auch den französischen Markt setzen wir stark auf Fischgrät. Wir verfügen über ein umfangreiches Portfolio und Ragnar Eggers, der den Parketteinkauf verantwortet, entwickelt es immer weiter.
Unter welcher Marke vertreiben Sie das Parkett ?
Wicanders. Das ist ein interessantes Handelsgeschäft und wir sind gut aufgestellt. Wir haben unsere Organisation in China aufgebaut, die sich um den Einkauf kümmert und die Qualitätskontrolle vor Ort übernimmt. Das ist absolut wichtig.
Bei unserem letzten Interview vor drei Jahren befand sich der Korkmarkt im Aufwind. Sie schätzten das damals nicht als kurzfristiges Phänomen ein, sondern als echten Aufschwung. Hat sich das bewahrheitet ?
Ja, zunächst schon. Der Markt hat sich positiv entwickelt und stabilisiert, dann allerdings stagniert, insbesondere durch die extremen Preisbedingungen. Aber grundsätzlich nimmt die Nachfrage nach Kork als nachhaltigem Produkt zu. Wir arbeiten deshalb sehr stark an neuen Farben, Dekoren und Formaten.
Amorim war schon immer beweglich und innovativ.
Danke, aber bezüglich des reinen Korks waren wir beschränkt aufgrund der Formate. Heute sind wir wesentlich flexibler, weil sich die Produktionstechnik weiterentwickelt hat. Wir waren ja auch einer der ersten, die sich im Digitaldruck engagiert haben. Das hat sich natürlich auch weiterentwickelt. Mittlerweile hat jeder zweite verkaufte Korkboden eine andere Optik als der Originalkork.
Wahrscheinlich hauptsächlich Holz...
Richtig. 90 % Holz, 10 % Stein, würde ich sagen. Die Digitaldrucktechnik ist schon sensationell. Die wird in den nächsten Jahren enorm an Bedeutung gewinnen. Aber wir sind im Vorteil, die auf dem nachhaltigen Substrat Kork drucken können. Da kommen uns 13 Jahre Erfahrung mit Digitaldruck zugute.
Und jetzt haben wir gerade die neue Straße aufgebaut, für die im letzten Jahr die Investitionsentscheidung getroffen wurde. In schwierigen Zeiten hat der Konzern ein 10 Mio. EUR-Invest freigegeben, weil er daran glaubt, dass dem Digitaldruck die Zukunft gehört. Warum sollen wir unseren Korkboden mit künstlichen Materialien kombinieren, wenn wir mit dieser Oberflächentechnik 1:1 völlig naturalistische Optiken und Strukturen herstellen können ?
Wir haben zeitgleich zu der Technologie auch in die Entwicklung von Dekoren investiert. Ein italienisches Designstudio hat für uns eine neue Kollektion entwickelt, basierend auf aktuellen Trends, und zwar nicht nur die Motive an sich, sondern auch die Strukturen, die Synchronporen. Das ist das Neue und Faszinierende an unserer Anlage, dass erst das Dekorbild gedruckt wird und anschließend synchron die Struktur. Und das Ganze mit einer matten Oberfläche, die sehr natürlich aussieht. Optisch und haptisch ist das nicht mehr vom Original zu unterscheiden. Darüber hinaus ist das Schöne am Digitaldruck, das man wesentlich flexibler und schneller ist. Mittelfristig kann man damit zu einer Art Manufaktur-Gedanken kommen.
Wo steht die neue Anlage ?
In unserem Stammwerk in S. Paio Oleiros in Portugal. Sie ist bereits angelaufen, für Muster und Erstbestückungen, einen ersten Vorgeschmack wird es auf dem Branchentag Holz in Köln geben. Anfang 2024 stellen wir dann auf der Domotex aus und danach auf der Surface in Las Vegas. Wir stellen unser Sortiment auf den Kopf, vereinfachen die Strukturen, das wollen wir unseren Kunden live zeigen.
Wie argumentieren Sie Ihren Kunden gegenüber für die neue Digitaldruckanlage bzw. andersherum gefragt – wo liegt der Kundennutzen ?
Das Wichtigste ist, dass unsere Kunden einen schönen, hochwertigen Bodenbelag erhalten, der aussieht wie echtes Holzparkett oder Steinfliesen, der zusätzlich höchsten Komfort bietet, stoßfest, elastisch und warm ist, die Temperatur hält und so bis zu 19 % Energiekosten spart, schalldämmend wirkt – bis zu 18 dB und dabei garantiert nachhaltig und natürlich ist.
Der Markt muss sich jetzt umstellen. Die EU gibt vor, bis 2030 den CO
2-Ausstoß um 55 % zu senken. Und ein sehr großer Teil der CO
2-Emissionen kommt aus dem Bau- und Gebäudesektor. Heute werden erst 1 % aller Gebäude auf ihren CO
2-Gehalt überprüft, man kann davon ausgehen, dass das künftig strenger kontrolliert wird. Und mit unseren Produkten lässt sich nachweislich erheblich CO
2 einsparen, das ist ein wichtiges Verkaufsargument.
Wir haben also von Amorim viel Neues zu erwarten – auf den kommenden Messen und überhaupt...
Ja, absolut. Wie gesagt: Wir sind zur Zeit auch dabei, unsere Artikelstruktur zu verändern, zu vereinfachen, nachhaltiger zu machen. Im Prinzip wird es drei Säulen geben: Erstens Designbeläge, entweder als Korkfertigparkett oder HDF-basiert. Zweitens die wasserfesten Artikel, ein Thema, das mehr und mehr vom Markt verlangt wird. Aus diesem Grund haben wir unseren Hydrocork weiterentwickelt. Er verfügt jetzt über einen neuen Kern aus Kork und Polymer, also CPC, Cork Polymer Composit, die neue Oberflächentechnologie und ist als Kurzdiele und Profiprodukt mit integrierter Trittschalldämmung erhältlich. Und die dritte Produktgruppe ist neben Wise die vorhin angesprochene Neuentwicklung Biotec, 100 % Natur und 100 % bio. Von daher: Wir haben die Weichen gestellt und wollen uns dem Markt stellen.
Das Gespräch führte Claudia Weidt Ende September.
Lesen Sie das gesamte Interview in Parkett Magazin 6/23.