10.10.2022
Lausitzer Oberflächentage 2022
Drei Tage Handwerkertreffen mit zahlreichen Fachvorträgen – das waren die Lausitzer Oberflächentage Mitte September im Hause des Schleifmaschinenbauers FG Floortec. Fast schon eine Traditionsveranstaltung, initiiert und organisiert vom geschäftsführenden FG-Gesellschafter Friedrich Kirchner und Andreas Colléte, gesponsert von 18 Ausstellern der Industrie. Die rund 95 Teilnehmer informierten sich über Fachliches von Sichtbeton bis zu gefärbtem Parkett.
Fugenlose Oberflächenbeschichtungen
Welche Oberfläche ist fugenlos? Ein Teppich vielleicht, möglicherweise der marrokanische Kalkglanzputz Tadelakt, Terrazzo wahrscheinlich, Sichtbeton und Sichtspachtelmasse auf jeden Fall. Um dieses Geschäftsfeld abzudecken, hat Verlegwerkstoffhersteller Bostik ein darauf spezialisiertes italienisches Unternehmen gekauft. Mit dem, was am deutschen Markt sonst als fugenlos angeboten wird, hat Wilhelm Volkmann, Parkettlegermeister und Leiter der Bostik-Anwendungstechnik so seine Schwierigkeiten: „Es gibt zu der Verlegung dieser Böden keine Normen und keinen Stand der Technik.“ Und den Sinn vollkommener Fugenlosigkeit kann der Fachmann auch nicht erkennen: „Eine Trennfuge ist deckungsgleich im Oberbelag zu übernehmen. Und im Anstoß zwischen Boden und Wand bleibt letztlich immer eine Fuge.“
Was folgt aus der Skepsis? „Der Kunde hat eine hohe Erwartung an das Design. Man sollte ausführlich mit ihm sprechen und bei dem Material im System bleiben. Dann kann man damit Geld verdienen.“ Weil eine beachtliche Anfälligkeit für Reklamationen gezeigt hat, dass gelungene Sichtspachtelböden nicht einfach zu installieren sind, gibt Bostik sein System nur an Handwerker ab, die bewiesen haben, dass sie es können.
Zementäre Oberflächen versiegeln
„Die Oberflächenbehandlung von Sichtestrich ist bisher normativ nicht erfasst“, sagt Dr. David Reindl, Laborleiter bei Dr. Schutz/Eukula. Man sei auf Merkblätter der Verbände angewiesen. Die gute Nachricht: Eine DIN 18560-8 ist in Vorbereitung.
Für Dr. Reindl geht es nicht um Imprägnierungen, also Silane, Epoxies, Öle, Harze, Wachse oder Steinseife, die alle in den Sichtestrich eindringen. Es geht nur um Beschichtungen, nämlich das, was oben drauf kommt. Und dazu muss der Sichtestrich oder die Sichtspachtelmasse vor allem ausreichende Oberflächenfestigkeit aufweisen. Flügelgeglätteter Beton erzeugt Schlämme. Zementgebundene Böden stauben leicht. Da gibt es keine Haftung mit dem Lack. „Was funktioniert, sind mit Harz vergütete Design-Estriche, die in mehreren Schritten geflügelt werden.“ Und wenn geschliffen wird? Dr. Reindl: „Dann nur mit metallgebundenen Diamanten, mit nichts anderem. Der Untergrund darf nicht zu fein geschliffen und keinesfalls poliert werden.“ So vorbereitet, kann der Estrich mit einer geeigneten Grundierung und dann mit einem Dispersionslack beschichtet werden. Das Wasser verdunstet, der Kunststofffilm bleibt ohne Anfeuerung zurück. Die Schichtdicke sollte der einer Parkettlackierung entsprechen. Spätere Kratzer lassen sich mit einem Pflegemittel wie Acrylatpolish wieder schließen.
Vor dem Renovieren prüfen und dokumentieren
Einfach mal ein altes Parkett schleifen und renovieren? Das kann seine Tücken haben, weiß Parkettlegermeister Andreas Riedel und rät dazu, die zu bearbeitende Fläche vorab gründlich zu prüfen. „Wenn der Boden knirscht, Fugen verfärbt sind, lose Stäbchen Probleme mit der Untergrundverklebung befürchten lassen oder sich Ablösungen bei Decklamellen zeigen, hat der Handwerker eine Hinweispflicht und muss gegebenenfalls Bedenken anmelden.“ Das Fachbuch für Parkettleger gibt bezüglich des Schleifens alter Holzböden noch eine ganze Reihe weiterer Prüfaufgaben vor, darunter: War der Boden geölt oder lackiert, reicht die Dicke überhaupt aus, sind Haustiere und ihre Hinterlassenschaften vorhanden?
Selbst wenn der Handwerker im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht alles untersucht hat, was ihm als Fachmann auffallen könnte, sollte er noch nicht die Schleifmaschine anwerfen. Erst das Smartphone zücken und den Ist-Zustand mit Bildern dokumentieren – insbesondere die kritischen Stellen.
Und weil das Schleifen alter Parkettböden Dinge an die Oberfläche bringen könnte, die vorher nicht zu sehen waren, ist es clever, bereits im Angebot darauf hinzuweisen, dass beispielsweise Reinigungsmittel oder Streusalz in Fugen geraten sein könnte und nach der Lackierung sichtbar zu Tage treten würden. Selbst den Hinweis auf einen gegebenenfalls eintretenden Totalschaden des Fußbodens würde Andreas Riedel seinen Renovierungs-Kunden zumuten. „Durch Bedenkenanmeldung Haftung ausschließen, Risiken nicht allein tragen, Lieferanten ins Boot holen, fotografieren und dokumentieren“, so lautet seine Vorgehensweise. Bleibt schließlich noch der Verweis auf ein Urteil des Oberlandesgerichtes Oldenburg aus 2020: „Der Werkunternehmer wird von der Mängelhaftung frei, wenn er bei gebotener Prüfung die Fehlerhaftigkeit bzw. Ungeeignetheit einer Leistungsbeschreibung, einer verbindlichen Anordnung des Auftraggebers, vorgeschriebener Stoffe oder Bauteile oder einer Vorleistung nicht erkennen konnte.“
Arbeitsverhältnis muss genau beschrieben werden
Ein sogenanntes Nachweisgesetz (NachwG) verlangt seit August ausführlich formulierte Arbeits- und Ausbildungsverträge. Arbeitszeiten und Einsatzorte müssen präzisiert werden, informierte die Juristin Marion Kenklies. Eine genaue Angabe zum Arbeitslohn samt Überstunden, Zulagen und Sonderprämien ist nötig – ein Arbeitszeitkonto kann dabei helfen. Sich über alle Inhalte des NachwG klar zu werden, ist jedem Betriebsinhaber angeraten, da auch bestehenden Arbeitsverträgen ein Infoblatt zu den Neuerungen beigefügt werden sollte.
Überdies hat jeder Betrieb in Gesellschaftsform (z. B. GmbH) Eile, seiner Meldepflicht gemäß Transparenzregister nachzukommen. Die läuft Ende des Jahres nämlich ab. Hintergrund ist die Umsetzung des Geldwäschegesetzes. Der Staat möchte wissen, wer namentlich hinter einer Firma oder einem Betrieb steckt.
Meldepflicht gilt auch für Mini-Jobs. Um klarzustellen, ob der betreffende Mitarbeiter überhaupt noch ein Mini-Jobber ist, muss bei der Minijob-Zentrale angegeben werden, wie viele Tage der Kandidat möglicherweise schon in einem anderen Mini-Job geleistet hat. Da hilft nur nachfragen. Denn es geht auch um die Krankenversicherung.
Neu ist die Arbeitszeiterfassung, wie sie das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Urteil vorschreibt. Ob Home-Office oder Vertrauensarbeit, alles muss wie mit der guten alten Stechuhr festgehalten werden. Das geht über Arbeitszeitzettel, viel besser aber über den digitalen Weg. Marion Kenklies: „Eine gute Handwerker-App sollte die Erfassung integrieren, damit der Mitarbeiter seine Arbeitszeit direkt in das Smartphone eingeben kann.“
Und wenn jemand schummelt? Dann könnte die aus Kindertagen bekannte „Petze“ in Aktion treten. Mit der Whistleblower-Hotline bekommt sie in Kürze ein festes Forum. Man könnte es milde „Kummerkasten“ nennen, denn Unternehmen ab 50 Beschäftigten müssen ihren Mitarbeitern eine Meldestelle für anonyme Hinweise zu Verstößen gegen gesetzliche Regelungen bieten. Ob die Hotline intern bleibt oder Außenstehenden – etwa Kunden – zugänglich gemacht wird, entscheidet das Unternehmen selber. Kenklies: „Innerhalb einer Innung könnten Betriebe eine Hotline auch gemeinsam betreiben.“
Henrik Stoldt
Lesen Sie den ganzen Beitrag in Parkett Magazin 6/22.
Aussteller der Lausitzer Oberflächentage: Jaso, Stauf, Roll, Murexin, Woca, Bostik, Saicos, Asuso, Leisten Wagner, Hinterseer, Mafell, Witte, Kern Oberflächensysteme, Starcke Schleifmittel, Shaper Tools, Landolt Schutzfolie, Sprintus Reinigungsgeräte, Sockenmanufaktur Sieber.