31.08.2022

Kiesel: „Im Unternehmen herrscht Aufbruchstimmung“

Frau Kiesel-Luik, zum Jahreswechsel übergab Ihr Vater Wolfgang Kiesel Ihnen die operative Geschäftsführung als alleinige geschäftsführende Gesellschafterin, flankiert wird die Nachfolge von einem Umbau der Organisation und neuen Managementstrukturen. Wie stark spüren Sie als dritte Generation an der Spitze des Familienunternehmens jetzt die Verantwortung?

Beatrice Kiesel-Luik: Als wir im Vorfeld in der Familie den Generationswechsel besprochen und eingeleitet haben, hatte ich ein sehr gutes Gefühl – und daran hat sich bis heute nichts geändert. Die Zusammenarbeit mit Thomas Müllerschön verläuft sehr positiv – in den letzten Monaten haben wir gemeinsam die Wachstumsziele für das Unternehmen definiert und erste Weichen für die künftigen Erfolge gestellt. Die Neuorganisation und die Ausrichtung des Unternehmens verläuft planmäßig und macht mir große Freude.

Sie haben immer betont, auch unter der neuen Geschäftsführung mit dem branchenerfahrenen Manager Thomas Müllerschön und Dr. Matthias Hirsch als Leiter Technik bleibt Kiesel ein Familienunternehmen. Steht das nicht in einem Widerspruch zu den neuen Führungsstrukturen?

Kiesel-Luik: Nein. Kiesel ist und bleibt ein Familienunternehmen. Ein Familienunternehmen definiert sich in erster Linie dadurch, dass Entscheidungen in einem überschaubaren Zeitrahmen getroffen werden können. Das ist der große Vorteil. Damit nehmen wir zum einen innerhalb der Branche eine besondere Stellung ein, zum anderen genießen wir damit seitens unserer Mitarbeiter großes Vertrauen – das war uns immer sehr wichtig und deshalb wird sich daran auch nichts ändern.

Nichtsdestotrotz arbeiten wir heute anders als zuvor mit meinem Vater. Es geht ja um die „Next Generation“ – und die nächste Generation hat natürlich einen anderen Managementansatz als die Vorgängergeneration. Mit manchen Themen wird jetzt transparenter umgegangen, der Austausch im Unternehmen ist intensiver geworden. Das liegt aber auch ein Stück weit daran, dass dieses Jahr besonders herausfordernd ist – geprägt von Rohstoff- und Lieferkettenproblemen, die wir früher so nicht kannten. Wer hätte im Januar gedacht, dass wir im Februar - im dritten Jahr der Pandemie – zusätzlich mit einem Krieg in Europa konfrontiert sind? Unsere meisten Rohstoffe kommen zwar nicht aus Russland oder der Ukraine, aber die Einfuhrverbote drücken stark auf den Weltmarkt und treffen auch unsere Branche extrem. Und jetzt kommt noch die Abhängigkeit von der Entwicklung der Energieversorgung dazu. Die Bezugssituation ist insgesamt sehr angespannt.

Herr Müllerschön, wie haben Sie die ersten Monate bei Kiesel Bauchemie in diesen ungewissen Zeiten erlebt?

Thomas Müllerschön: Natürlich haben wir uns alle Ende letzten Jahres nicht vorstellen können, uns wenige Monate später in einer solch schwierigen Situation wiederzufinden – und natürlich verursacht das Probleme für das Unternehmen und für die Menschen, die im Unternehmen tätig sind. Ich bin jedoch fest davon überzeugt, dass sich mit guten Mitarbeitern und mit einer starken Gemeinschaft alle Schwierigkeiten gemeinsam lösen lassen.

Umso besser, dass wir bereits zu Jahresbeginn eine neue Strategie für das Unternehmen erarbeitet haben. Auch wenn wir die erforderlichen Maßnahmen in den letzten Monaten etwas variieren und konkreten Situationen anpassen mussten, um auf bestimmte Entwicklungen reagieren zu können, halten wir an der Zielsetzung unseres Wachstumsprogramms „Gelb“ fest.

Welches Wachstum strebt Kiesel Bauchemie in welchen Märkten konkret an?

Müllerschön: Wir haben uns zum Ziel gesetzt, den Unternehmensumsatz in einem Zeitrahmen von drei bis fünf Jahren zu verdoppeln. Wir sprechen im Moment noch nicht über absolute Zahlen. Der Schwerpunkt der kommenden Monate wird zunächst auf der Entwicklung des deutschen Marktes liegen - hier hat Kiesel mit seiner Kernkompetenz eine besondere Position und hier sehen wir das größte Potenzial. Später werden wir uns mit den internationalen Märkten beschäftigen – wir haben hervorragende Netzwerke in vielen Ländern der Welt und erwarten, dass dies positiv in das künftige Wachstum einzahlen wird.

Auf welche Stärken setzt Kiesel im Wettbewerb in der Bauchemieindustrie, die mit einer Tendenz zur Konsolidierung insgesamt von größeren Playern geprägt ist?

Müllerschön: Wenn sich in der Branche alles auf nur wenige, große Unternehmen konzentriert, ist dies keine gute Situation für unserer Kunden. Eine breite Basis an Unternehmen ist wichtig für die Prosperität der Wirtschaft und des Landes. In diesem Szenario wird Kiesel Bauchemie in den kommenden Jahren verbunden mit dem angestrebten Wachstum in der Branche eine ganz klare, feste Position haben. Die Größe eines Unternehmens hat natürlich immer gewisse Vorteile, etwa wenn es um Investitionen oder Einkaufsvolumen geht – deswegen arbeiten wir am Wachstum. Für die Branche ist ein starkes, berechenbares und schnell agierendes Familienunternehmen Kiesel sehr wichtig.

Im Zuge der Neuorganisation wurden die beiden Geschäftsbereiche Fußbodentechnik und Fliese deutlich gestärkt. Welche Ziele verfolgen Sie mit dem neuen Set-up?

Kiesel-Luik: Unser Hauptziel ist die deutlichere Trennung unserer Geschäftsbereiche Fliese und Fußboden, die beide selbstverantwortlich operieren. Die Geschäftsleitung Fußbodentechnik läuft jetzt bei Alexander Magg zusammen, die Fliesentechnik verantwortet Jürgen Schwarz. Unser Ziel ist es, Kiesel genau auf die Bedürfnisse der Kunden auszurichten. In der Vergangenheit waren nur der Vertrieb und die Anwendungstechnik getrennt, das Marketing beispielsweise erstreckte sich auf beide Geschäftsbereiche. Wir erhoffen uns von der Umstrukturierung eine Umsatzsteigerung, mehr Marktanteile und mehr Präsenz am Markt. Tatsächlich stelle ich jetzt schon fest, dass wir bereits stärker wahrgenommen werden. Viele Kunden merken, bei Kiesel passiert etwas – und das freut uns natürlich sehr.

Alexander Magg: In unserer aktuellen Kampagne üben der Fliesenleger und der Bodenleger den Schulterschluss – und mit dieser Botschaft wollen wir es intern genauso beibehalten: Wo Synergien sind, wollen wir sie auch künftig nutzen. Für den weiteren Ausbau der beiden Geschäftsfelder und die stärkere Fokussierung der Mitarbeiter macht es aber dennoch Sinn, beide Segmente ein Stück weit zu separieren, um den einzelnen Bereich noch stärker nach außen zu tragen, die richtigen Produkte zu forcieren und schneller zu agieren als der Wettbewerb. Das ist die Idee hinter dieser Trennung.

Wir stellen uns mit der stärkeren Fokussierung auf die Geschäftsfelder Fußbodentechnik und Fliese mit der neuen Geschäfts- und Vertriebsleitung in Deutschland gerade neu auf und haben dabei auch schon die ersten großen Erfolge am Markt erzielt. Die Neuaufstellung trägt Früchte.

Müllerschön: Zu unseren neuen Strukturen gehört in diesem Kontext auch die stärkere Positionierung unserer Mitarbeiter, indem wir ihnen mehr Verantwortung und mehr Kompetenzen übergeben. Ich erlebe bei Kiesel tolle Mitarbeiter – sehr viele Profis, die mit extremer Freude zusammenarbeiten. Und deshalb sollen sie auch Aufgaben bekommen, bei denen sie ihr Wissen und ihr Können positionieren können. Gerade auch vor dem Hintergrund komplexer Herausforderungen, für deren Lösungen Spezialistentum wichtig ist: Wir haben die große Chance, in allen Spezialthemengebieten mit Profis zusammenzuarbeiten und dieses Know-how für das Unternehmen zu fokussieren. Denn egal, wie gut wir als Geschäftsführung sind: wir können natürlich nie so gut sein wie 20 unserer Kolleginnen und Kollegen zusammen. Und genau diese Power möchten wir nutzen, um den Markt zu bearbeiten.

Das klingt nach Teamgeist und neuem Spirit. Jetzt ist es ja so, dass Mitarbeiter aus gelernten Strukturen auch mitgenommen werden müssen. Wie kommen die Neuerungen in der Belegschaft an?

Kiesel-Luik: Wir haben unsere Mitarbeiter auf dem Weg in die „Next Generation“ von vornherein mitgenommen. Unsere Mitarbeiter erkennen die Aufbruchstimmung, die im Unternehmen herrscht, und sie wollen daran mitwirken. Die Stimmung ist positiv, weil gesehen wird, es geht voran – Kiesel bleibt ein Familienunternehmen, das sich für die Zukunft neu aufgestellt. Unsere neue Organisationsstruktur wird gut angenommen und alle fühlen sich als Teil eines Teams in der Kiesel-Familie. Egal, ob in der Produktion oder im Außendienst: Der Übergang wird von allen mitgetragen und alle möchten gerne dabei sein.

Wie soll speziell das Segment Fußbodentechnik weiterentwickelt und perspektivisch ausgebaut werden?

Magg: Im Moment erzielen wir im Bereich Fußbodentechnik rund 40 % unseres Umsatzes und im Bereich Fliese 60 %. Wir wollen beide Geschäftsfelder in absehbarer Zeit ausgleichen und sehen dazu auch das entsprechende Wachstumspotenzial. In Deutschland sind wir mit unseren Vertriebsleitern Jürgen Walter, gesamtverantwortlich, und Marcus Lippert im Süden stark aufgestellt und werden die Vertriebsteams in den Regionen personell noch weiter stärken. Wir sind dabei, das Handelsgeschäft deutlich auszuweiten und wollen auch im Objekteursbereich weitere Neukunden hinzu gewinnen.

In Deutschland sind wir auf einem guten Weg und auch für die internationalen Märkte haben wir bereits Wachstumsziele definiert. In den Niederlanden haben wir uns gerade neu aufgestellt und arbeiten dort jetzt mit einem Kunden sehr erfolgreich zusammen. Des Weiteren fokussieren wir uns auf Skandinavien: Seit Februar 2022 ist Kiesel Bauchemie mit einer eigenen Tochtergesellschaft, der Kiesel Denmark ApS in Kastrup unweit von Kopenhagen, auf dem nordeuropäisch-skandinavischen Markt vertreten.

Wie stark wirken sich Störungen in den Lieferketten durch fehlende Container und wohl auch Personalmangel derzeit auf die Exportgeschäfte aus?

Kiesel-Luik: Wir produzieren sämtliche Produkte in Esslingen. Was die zurzeit enorm hohen Frachtkosten bzw. fehlenden Containerverfügbarkeiten betrifft, haben wir gegenüber Wettbewerbern mit internationalen Produktionsstandorten schon mal das Nachsehen. Dennoch hat Qualität „made in Germany“ international einen sehr hohen Stellenwert. Unsere Produkte sind gut nachgefragt in unseren wichtigsten Exportmärkten – Australien, Neuseeland, Japan, aber auch in Nordamerika und Frankreich sowie in einigen osteuropäischen Ländern. Unsere Exportquote liegt bei rund 35 % – und da sollte sie auch bleiben, wenn der Inlandsmarkt wächst.

Wie werden die Lieferantenstrukturen für das angestrebte Wachstum weiterentwickelt?

Müllerschön: Die letzten Monate haben gezeigt, dass die Lieferketten optimiert werden müssen. Nicht nur bei Kiesel, sondern grundsätzlich. Ich habe zu vielen Lieferanten sehr enge Kontakte und davon profitieren wir gegenwärtig. Das Band zu unseren Lieferanten wir enger. Dabei geht es um mehr als nur einen guten Preis und ausreichende Menge: Die Qualität unserer Produkte wird im Wesentlichen auch von der Qualität der Produkte unserer Lieferanten und von ihrem Know-how beeinflusst. Wir integrieren unsere Partner daher intensiv als Ideengeber für neue Produkte und deren Realisierung in unsere Forschung und Entwicklung. Von der Kompetenz unserer Lieferanten können wir nur profitieren.

Mit welchen konkreten Maßnahmen soll die Präsenz der Marke Kiesel nach außen gestärkt werden?

Magg: Die aktuelle Kiesel-Kampagne wirbt mit dem Slogan „Die Zukunft baut auf uns“ - dafür stehen Jonas Veh, der Bodenleger-Bundessieger 2020, und Janis Gentner, der seit 2019 amtierende Fliesenleger-Weltmeister. Wir wollen die Marke jünger und frischer machen und über diese Testimonials zeigen, dass junge Handwerker auf Produkte von Kiesel setzen – und das insbesondere mit Jonas Veh in den nächsten zwei Jahren auch auf vielfältige Weise über Social Media-Kanäle sowie in Seminaren etc. rüberbringen. Bei Kiesel kommt dem Nachwuchs im Bodenhandwerk eine große Bedeutung zu.

Des Weiteren wollen wir unsere Kunden mit Marketingaktivitäten unterstützen, die andere so nicht bieten. Und wir beschäftigen uns mit zahlreichen digitalen Themen, die unsere Kunden künftig direkt unterstützen werden.

Welches sind aktuelle bzw. künftige Investitionsschwerpunkte im Unternehmen?

Müllerschön: Für mich gibt es im Unternehmen nur einen Erfolgsfaktor: die Menschen, die im Unternehmen tätig sind. Deswegen investieren wir zunächst in die Entwicklung der Personalstruktur. Einige neue Mitarbeiter sind bereits da, und in den kommenden acht bis zehn Monaten werden wir die Belegschaft auch noch weiter ausbauen. Über diese Investitionen werden wir Umsatzwachstum generieren. Unsere Werke sind für die damit einhergehende Steigerung der Produktionsmengen bis auf Weiteres ausgelegt.

In unserem Strategiepapier geht es uns aber nicht nur um Wachstum, sondern um Professionalisierung auf allen Ebenen. Dazu gehören perspektivisch selbstverständlich auch Aspekte der Produktion, der Forschung und Entwicklung und der Verwaltung. Unsere Mitarbeiter haben zu all diesen Themen viele großartige Ideen und bringen sich ein. Wenn wir ihnen zuhören und all dies aufnehmen und umsetzen, dann kommen die Erfolge ganz von selbst.

Ihre Einschätzung zum Abschluss… wie beurteilen Sie die Konjunkturentwicklung der deutschen Bauwirtschaft in den kommenden Monaten?

Kiesel-Luik: Zurzeit werden Bauvorhaben wegen steigenden und nicht mehr kalkulierbaren Preisen gestoppt. Die positive Konjunktur der Bauwirtschaft der vergangen Jahre schwächt sich zunächst ab. Aber der hohe Bedarf an Wohnraum in Deutschland wird bleiben, und deshalb gehen wir von einer eher kurzfristigen Abflachung, gefolgt von einer sich längerfristig wieder positiv entwickelnden Nachfrage aus. Natürlich sind wir in der Prognose von der ungewissen weiteren Entwicklung des Ukraine-Krieges und seinen Folgen abhängig.

Müllerschön: Kurzfristig sehen wir zwei belastende Faktoren: die Verfügbarkeit der Rohstoffe und die Entwicklung des Zinsniveaus. Die langjährigen Bauzinsen liegen inzwischen wieder bei 3 % - das ist immer noch nicht hoch, aber im Vergleich der letzten zehn Jahre dann eben doch. Der positive Faktor ist, dass das Zuhause für die Menschen nach wie vor sehr wichtig ist und sie darin investieren. Nach einer leichten Abschwächung werden wir die prosperierende Nachfrage der vergangene Jahre auch in der Zukunft sehen, vielleicht nicht mehr in der gekannten starken Ausprägung, aber noch immer sehr positiv.

Anfang der 2000er Jahre hatten wir über drei bis vier Jahre übrigens eine vergleichbare Situation. Die jetzt bevorstehende Einschränkung wird meiner Einschätzung nach deutlich kürzer sein – die Unternehmen sind entsprechend aufgestellt, und auf lange Sicht ist die wirtschaftliche Prognose für unsere Branche sehr attraktiv.

Das Gespräch führte Imke Laurinat im Juni 2022




Nachgefragt in Vertrieb und Technik
„Wir sind jetzt näher am Kunden“

Kiesel Bauchemie hat seine Vertriebsstruktur neu aufgestellt. Was bedeutet das für die Kunden in Deutschland?

Marcus Lippert (Vertriebsleitung Fußbodentechnik Süd/West): Das aktuelle Kampagnenmotto „Die Zukunft baut auf uns“ steht auch für einen Übergang im Vertrieb: Seit kurzem ist Jürgen Walter als Vertriebsleiter Fußbodentechnik gesamtverantwortlich und leitet die Vertriebsregion Nord/Ost, die über unsere Niederlassung in Tangermünde versorgt wird. Ich konzentriere mich auf Süd- und Westdeutschland, Österreich, die Schweiz und Südtirol. Dabei gilt: Unabhängig von den definierten Regionen unterstützen wir uns, wo immer wir uns unterstützen können, und auch unsere bestehenden persönlichen Kundenkontakte werden wir beibehalten.

Unsere Kunden profitieren von der Neuaufstellung durch einen intensiveren Kontakt zu Kiesel in ihrer Region. Wir haben jetzt kürzere Wege, sind näher am Kunden und können uns insgesamt besser auf sie fokussieren. Das Feedback aus dem Markt ist sehr positiv und auch unsere Mitarbeiter im Außendienst haben die Neuerungen gut angenommen, sind sehr motiviert und gehen die Veränderungen mit.

Wie ist der Außendienst im Bereich Fußbodentechnik aktuell aufgestellt?

Lippert: Aktuell sind zehn Außendienstmitarbeiter tätig, allesamt Fachleute aus der Fußbodentechnik und auch viele langjährige Kollegen darunter. Perspektivisch wollen wir die Mannschaft weiter ausbauen, mit Kollegen, die zu uns passen – sowohl das Vertriebsteam als auch die Anwendungstechnik sind eine eingeschworene Gemeinschaft. Wenn Hilfe gebraucht wird, ist bei uns jeder für den anderen da – und das spüren auch unsere Kunden. Wir legen das Denken eines mittelständischen Familienunternehmens an den Tag und das kommt auch unseren Kunden zugute.

Welche Kundengruppen stehen im Vordergrund?

Lippert: Ein Schwerpunkt unserer Vertriebsstrategie liegt auf dem Ausbau des Handelsgeschäfts. In vielen Regionen sind unsere Kunden überwiegend Objekteure. Um die Logistik zu verkürzen, wollen wir ein durchgängiges Netzwerk mit Bodenbelags-, Holz- und auch Farbgroßhändlern aufbauen. Zudem haben wir im Direktgeschäft unser Dienstleistungsspektrum stark ausgebaut. Ein Beispiel sind unsere beiden Pump-Services in Tangermünde und in Esslingen, mit denen wir sehr erfolgreich sind.

Wie fest haben sich digitale Formate mittlerweile in der Kundenkommunikation etabliert?

Dr. Ferdinand Kiesel (Unternehmenskommunikation): Als unsere neue Denkfabrik für Seminare und praxisnahe Produktvorführungen im März 2020 fertiggestellt war, kam Corona und wir haben aus der Not eine Tugend gemacht: Die neuen Räumlichkeiten erwiesen sich schnell als perfekter Spot für Online-Seminare, Facebook-Live-Übertragungen, unser Denkfabrik-TV und vieles mehr. Mit der Umsetzung dieser digitalen Formate ist Kiesel Bauchemie ein Vorreiter in der Branche. Wir bekommen dafür großen Zuspruch. Natürlich sind wir froh über jedes Anwendungsseminar, dass wir jetzt wieder in der Kiesel Denkfabrik live durchführen können, aber die digitalen Formate werden wir daneben auch in Zukunft beibehalten.

Welche übergeordnete Digitalisierungsstrategie verfolgt Kiesel?

Dr. Kiesel: Digitalisierung ist natürlich eines unserer zentralen Zukunftsthemen. Wir wollen für unsere Kunden einen digitalen Mehrwert schaffen. Dabei geht es neben der Frage nach künftigen digitalen Dienstleistungen und Angeboten auch um Themen wie die leichtere Zugänglichkeit für unsere Kunden, die Nachvollziehbarkeit von logistischen Zusammenhängen oder aber auch um die Abrufbarkeit von Produktdaten und vieles mehr. Für die verschiedenen Projekte haben wir ein umfassendes Gremium eingerichtet, denn Digitalisierung und Dienstleistungen betreffen im Grunde alle Abteilungen und jeden Mitarbeiter. Unsere schlanken Strukturen ermöglichen bereichsübergreifend eine schnelle, flexible Zusammenarbeit und Netzwerkdenken – beides sichert uns beim Thema Digitalisierung im Markt einen Vorteil.

Wie begegnet Kiesel dem Mega-Trend Nachhaltigkeit?

Dr. Matthias Hirsch (Geschäftsführer Technik): Aus dem Wirtschaftlichkeitsgedanken und den hohen technischen Anforderungen heraus, die wir an unsere Produkte stellen, haben wir uns den Kriterien für Nachhaltigkeit schon sehr früh gestellt: Verträglichkeit, Beständigkeit und Verfügbarkeit stehen als wesentliche Kriterien heute im Vordergrund. Bei der Entwicklung neuer bauchemischer Produkte rücken entsprechend Aspekte wie die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen oder Recyclingstoffen, Recyclierbarkeit, Zementreduzierung oder etwa der Einsatz von Leichtfüllstoffen weiter in den Vordergrund. Letztlich resultieren all diese Eigenschaften bereits aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen sowie aus dem Leistungsniveau eines Produktes.

Wie wichtig sind Ihnen Umweltzertifikate?

Dr. Hirsch: Um aus der Industrie heraus bei Kunden und Verbrauchern Vertrauen aufzubauen, waren wir schon vor 25 Jahren Gründungsmitglied des GEV Emicode für emissionsgeprüfte Bauchemieprodukte. Und aus dieser Verantwortung heraus haben wir voriges Jahr auch unser eigenes Nachhaltigkeitslabel „Ki One World“ ins Leben gerufen. Wir setzen uns selbst hohe Umweltstandards und bieten damit Produkte an, die höchste Zertifizierungen bestehen können. Wir produzieren so nachhaltig wie möglich - das hat nicht nur mit unseren Produkten zu tun, sondern auch mit Aspekten wie dem Bezug von Produkten, regionalem Einkauf, Segmentreduzierung oder Prozesseffizienz bis hin zu bestimmten Gebäudestandards.



Nachgefragt bei Manfred Dreher, Anwendungstechnik Fußboden und Parkett
„Produkte mit Zusatzfunktion sind für den Verarbeiter wirtschaftlich“

Manfred Dreher zu...

… Klebstoffen für Parkett und andere Bodenbeläge: Kiesel hat sein Parkettprogramm voriges Jahr überarbeitet und mit einigen Neuerungen ergänzt. Aktuelle modifizieren wir unsere Bakit-Parkettklebstoff-Familie, die wir speziell mit leistungsstarken Neuprodukten auf SMP-Basis erweitern. Zudem liegen universell verwendbare Bodenbelagsklebstoffe weiter im Trend, zum Beispiel für textile und elastische Bodenbeläge unsere Oktamos-Star-Produkte.

… emissionsarmem Oberflächenschutz: Unser 2021 eingeführtes Ki-Oberflächenprogramm enthält PU-Wasserlacke (ein- und zweikomponentig mit Härter) in diversen Glanzgraden und Beanspruchungsklassen sowie lösemittelfreie und farbige Imprägnieröle und ein wasserabweisendes Hartwachsöl. Darüber hinaus gibt es inzwischen auch ein Produkt für die Terrasse. Das Spektrum an Oberflächen zeigen unsere Anwendungstechniker jetzt wieder in Live-Vorführungen, denn die Optik und die Haptik einer Oberfläche lässt sich am Bildschirm nicht authentisch darstellen.

… Arbeiten im System: Bei unserem „Ki Systeam“ wirken mehrere Produkte zusammen. Unsere Renovier-Spachtelgrundierung als Dispersion zum Abspachteln von Holzdielenböden und keramischen Fliesen eignet sich auch als Feuchtigkeitssperre: Die Reparaturmasse Servoplan Ki 300 sperrt in Verbindung mit der Basis-Dispersion Okamul RSG Plus Restfeuchte aus zementären Untergründen bis 4,0 CM-% ab. Für den Verarbeiter ist die Anwendung wirtschaftlich, weil er die Spachtelmasse sowieso als Standardprodukt im Lager hat und für die Zusatzfunktion einfach die zweite Komponente dazu nimmt.

… Wiederaufnahme und Entkopplung: Ein weiteres Systemprodukt mit Zusatznutzen ist Okalift Super Change: Bei der Renovierung kommt das Polyestergewebe für die einfache Wiederaufnahme unterschiedlichster Bodenbeläge zum Einsatz. Dank seiner rissüberbrückenden Eigenschaften eignet es sich darüber hinaus für die Entkoppelung in verschiedenen Aufbauten. Das Gewebe wird mit dem dazugehörigen Dispersionsklebstoff an Wand oder Boden auch in Nass- und Feuchträumen im Innenbereich und selbst auf Trockenbauteilen aufgebracht. Sollen Altbeläge im Zuge einer Renovierung wieder herausgerissen werden, spaltet der Bodenleger das zweilagige Hightech-Gewebe einfach mit dem Vogt-Hammer auf. Darunterliegende Gipskartonplatten bleiben erhalten, der Verleger hat nach dem Rückbau sofort einen belegbaren Untergrund.
Kiesel: „Im Unternehmen herrscht Aufbruchstimmung“
Foto/Grafik: Kiesel Bauchemie
Beatrice Kiesel-Luik und Thomas Müllerschön: „Für die Branche ist ein starkes, berechenbares und schnell agierendes Familienunternehmen Kiesel sehr wichtig.“
Kiesel: „Im Unternehmen herrscht Aufbruchstimmung“
Foto/Grafik: SN-Verlag
Dr. Matthias Hirsch: „Aus dem Wirtschaftlichkeitsgedanken und den hohen technischen Anforderungen heraus, die wir an unsere Produkte stellen, haben wir uns den Kriterien für Nachhaltigkeit sehr früh gestellt.“
Kiesel: „Im Unternehmen herrscht Aufbruchstimmung“
Foto/Grafik: SN-Verlag
Marcus Lippert, Ferdinand Kiesel: „Mit der Umsetzung unserer digitalen Formate ist Kiesel Bauchemie ein Vorreiter in der Branche.“
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Manfred Dreher: „Okalift Super Change macht jeden Bodenbelag an Wand- und Bodenflächen ohne den Untergrund zu beschädigen wiederaufnehmbar.“
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