Goiserer Parkett e.U. - Bestes Start-up 2020
Goiserer Parkett, Bad Ischl
Nicht der Billigste, sondern der Beste
Da heißt es immer, der Nachwuchs in der Branche fehlt. Stimmt ja auch. Und dann kommt ein junger Österreicher, gelernter Zimmermann, der seine Liebe zum Parkett entdeckt und sich mit 22 Jahren mit einem feinen Betrieb selbstständig macht. Matthias Neuhuber setzt bewusst auf Qualität, Tradition und perfektes Handwerk, verlegt nur Massiv- und Tafelparkett – geklebt, versteht sich. Klickparkett oder gar Vinylböden lehnt er ab. Die Jury war beeindruckt und lobte dafür einen Sonderpreis aus.
Das Salzkammergut ist eine gesegnete Region. Landschaftlich reizvoll, reich an Geschichte und Kultur, seit 1997 Unesco-Welterbe, geprägt von gewaltigen Salz- und Holzvorkommen. Schon seit 7000 Jahren wird hier Salz gewonnen. Das weiße Gold in den Tiefen der Berge begründete Wohlstand und führte unter anderem zu einer florierenden Holzwirtschaft, denn zum Salzsieden braucht man Holz. Zudem ist die Gegend touristisch sehr beliebt, seitdem Kaiser Franz Joseph sie als Sommerresidenz entdeckte und sich in Bad Ischl mit der bayrischen Herzogin Elisabeth verlobte, besser bekannt als Sissi.
Familienteam: Die Eltern unterstützen ihren Sohn tatkräftig. Vater Franz beim Verlegen, Mutter Isabella bei Marketing und allem Administrativem.
Dies alles bildete einen fruchtbaren Boden für das Handwerk, das im Salzkammergut traditionell hochgehalten wird. 30 % der Arbeitsplätze werden vom Handwerk gestellt, es gibt viele gute Handwerker und offenbar keine Nachwuchsprobleme wie anderswo, „denn auch die Jugend will Handwerker werden“, weiß Matthias Neuhuber. Der 26-Jährige ist das beste Beispiel. Von seinem Großvater, einem Holzknecht, erbte er die Verbundenheit zum Holz, absolvierte eine Ausbildung zum Zimmermann – und entdeckte seine Liebe zum Parkett.
Österreich ist generell ein sehr parkett- und holzbodenaffines Land; im inneren Salzkammergut ist das besonders signifikant durch regionale Spezialitäten wie den Goiserer Stubenboden mit seinen imposanten 300 x 4.000 mm-Eichedielen, dem Salzkammergut-Naturboden mit aneinander geklebten Holzklötzchen und vor allem Bad Ischler Tafelparkett, dessen Tradition bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Damals wurden die zahlreichen hochherrschaftlichen Sommervillen und Schlösser im kaiserlichen Bad Ischl mit dem edlen, handwerklich gefertigten Boden aus heimischen, wintergeschälten Hölzern ausgestattet.
Konzentration auf perfekte Handwerks-arbeit und High End-Parkettböden
Vor allem das kunstvolle Tafelparkett faszinierte den jungen Mann aus Bad Goisern. Mit nur 22 Jahren entschloss er sich 2015 zum Sprung in die Selbstständigkeit und gründete Goiserer Parkett – von Anfang an mit der Intention, sich ausschließlich auf perfekte Handwerksarbeit und High End-Parkettböden zu konzentrieren: Massiv-, Tafel- und Intarsienparkett sowie hochwertige Landhausdielen. Die Produkte stammen zum Teil aus eigener Fertigung, ansonsten arbeitet Matthias Neuhuber eng mit der Deisl Parkettmanufaktur im steirischen Liezen zusammen. „Das muss passen mit dem Lieferanten“, äußert er klar – und mit Deisl passt es offenbar perfekt. Neuhuber und Michael Deisl haben die gleiche Denke: Beiden geht es nicht um Mengenmaximierung, sondern um die Qualität des Rohstoffes und der Verarbeitung zu einem einzigartigen Endprodukt.
Seine Eltern unterstützten Neuhuber bei seinem ambitionierten Vorhaben. Sie besaßen geeignete Räumlichkeiten an historischer Stätte in Bad Ischl, das Verwaltungsgebäude des kaiserlichen Kinderhospizes direkt unterhalb des Kaiser-Franz-Joseph-Erbstollens. Der Vater überschrieb seinen Gebäudeteil an den Sohn und dieser richtete sich im Erdgeschoss eine Werkstatt und kleine Produktion ein: voll ausgestattet mit Doppelendprofiler, Kappsäge, Fräse und Tafelparkettpresse. Die Maschinen sind zumeist individuell für seine Bedürfnisse umgebaut, mit Hilfe seines Bruders, der Maschinenbauingenieur ist.
In der ersten Etage befindet sich eine kleine Ausstellung, bislang vornehmlich mit verschiedenen Tafelparkett-Mustern, die weiter ausgebaut werden soll. An der Wand hängt eine große Reproduktion des Werkes „Die Parkettschleifer“ von Gustave Caillebotte. Neuhuber sah das berühmte Gemälde im Pariser Museé d’Orsay und verliebte sich sofort darin – auch an solchen Details kommt seine Verbundenheit zum Metier und zur Materie zum Ausdruck.
„Ein Parkettboden ist das größte und schönste Möbelstück“
„Handwerk kostet seinen Preis. Ich will nicht der Billigste sein, sondern der Beste“, ist das Credo des jungen Unternehmers. Dazu gehört auch, dass er Parkett ausschließlich fest verklebt. Klickparkett fasst er nicht an, PVC-Beläge schon gar nicht. „Mit dem Plastikzeug braucht man mir nicht zu kommen“, sagt er bestimmt. „Dazu habe ich auch gar nicht die Kundschaft. Meine Kunden wollen etwas Schönes und Echtes.“
Seine Klientel rekrutiert sich zum einen aus anspruchsvollen Privatleuten, die sich für ihre Villen in Bad Ischl, Bad Goisern, Altaussee oder Linz einen außergewöhnlichen Boden wünschen und die Neuhuber individuell berät, schließlich ist „Parkett das größte und schönste Möbelstück.“ Zum anderen aus hochkarätigen Objekten wie dem Welterbe-Wirtshaus Steegwirt am Hallstätter See in Bad Goisern mit Hauben-Küche. Das Projekt war besonders herausfordernd: Kaum rechte Winkel in dem fast 500 Jahre alten Bau, der behutsam und gekonnt renoviert wurde. Matthias Neuhuber gelang es, sowohl die technischen Schwierigkeiten zu meistern, als auch den Charme und die warme Atmosphäre der Räume durch die Parkettböden einzufangen und noch zu verstärken. Die Auftraggeber, Familie Gramplhuber, waren so zufrieden mit Neuhubers Arbeit, dass er künftig regelmäßig das Parkett erneuern soll.
Eindrucksvoll dokumentieren konnte er seine Kompetenz ebenfalls beim neuerbauten gemeinsamen Vereinsheim des AEC St. Agatha (Agathenser Eisschützenclub) und ASV St. Agatha (Armbrustschützenverein St. Agatha), wo er in den Fischgrätboden die Wappen der beiden Vereine als feinziselierte Intarsien einarbeitete. Intarsien sind für ihn keine Mühe, sondern mehr eine Art Meditation: „Ich mache gerne filigrane Arbeiten, die beruhigen mich.“ Die Vorlagen zeichnet er per Hand, nicht per CAD. Auch sein Firmenlogo, den selbstbewussten Hirsch, hat er selbst entworfen.
Lange Vorlaufzeiten
Fischgrät kombiniert mit kunstvollen Intarsien: Der Parkettboden im neuerbauten, gemeinsamen Vereinsheim von AEC St. Agatha und ASV St. Agatha. Die Intarsien werden mit Laser gebrannt und von Hand eingefügt.
Häufig wird der Parkettprofi für Sanierungs- und Erneuerungsarbeiten in historischen, denkmalgeschützten Objekten angefragt, wie unlängst für die Lehár-Villa in Bad Ischl, in der der berühmte Komponist fast jeden Sommer verbrachte, heute ein Museum. Da sind dann nicht nur handwerkliche Fähigkeiten nötig, sondern auch Interesse und Gefühl für alte Techniken. So mischt Neuhuber in solchen Fällen zum Beispiel die Oberflächenbehandlung individuell an.
Die Eltern stehen ihm weiterhin zur Seite. Vater Franz Neuhuber, der früher einen Fahrradhandel betrieb, legt bei der Verlegung mit Hand an. Und ist inzwischen genauso von der Parkettpassion ergriffen wie sein Sohn. Mutter Isabella Neuhuber kümmert sich mit ihrem Gespür für Gestaltung um den Auftritt von Goiserer Parkett, entwickelt Broschüren, pflegt die Website und hat zudem ein Auge auf die Buchhaltung.
An Aufträgen mangelt es Matthias Neuhuber nicht. Er hat lange Vorlaufzeiten. Daher möchte er künftig ausbilden. Ein geeigneter Kandidat muss aber wie er akkurat und präzise arbeiten, kundenorientiert sein – und natürlich Holz lieben.
Obgleich sich Goiserer Parkett durch seine Qualitätsarbeit in kürzester Zeit bestes Renommée in der Region geschaffen und weitere Fürsprache eigentlich gar nicht nötig hat, sucht der junge Unternehmer dennoch den Schulterschluss mit Gleichgesinnten und hat sich dem „Hand.werk.haus Salzkammergut“ angeschlossen. Hinter dieser bemerkenswerten Initiative steht eine Gruppe von Spitzen-Handwerksbetrieben aus dem Umfeld, die sich zu einem Verein zusammengeschlossen haben, engagiert geführt von der Historikerin Barbara Kern, und im denkmalgeschützten Schloss Neuwildenstein in Bad Goisern präsentieren. Auf zwei Etagen erstreckt sich eine sehenswerte Ausstellung, in der sich die einzelnen Mitglieder in Kojen präsentieren, im Erdgeschoss befindet sich ein Shop. Veranstaltungen wie „Meisteradvent“ oder „Meistersommer“ und auch schulpädagogische Programme sorgen für zusätzliche Frequenz.
cw
Bestes Start-up des Jahres 2020