W. & L. Jordan - Außerordentliches Lebenswerk 2012
Horst-Dieter Jordan
Außerordentliches Lebenswerk
Er gehört zu den großen Unternehmerpersönlichkeiten im Lande. Nahezu jeder in der Branche kennt ihn. Die Rede ist von Horst-Dieter Jordan, Bodenbelags-Großhändler in Kassel. Das Parkettmagazin ehrt den 83jährigen für sein außerordentliches Lebenswerk.
Wenn Horst-Dieter Jordan sein Leben Revue passieren lässt, dann schöpft er aus einem reichen Schatz unternehmerischer Erfahrung, wirtschaftlicher Erfolge und vieler Erlebnisse einschließlich Anekdoten. Er hat die Entwicklung des deutschen Holz- und Bodenbelagsgroßhandels nach dem zweiten Weltkrieg von der Pieke auf begleitet und später gemeinsam mit seinem Sohn Jörg Ludwig maßgeblich mitbestimmt.
Als Horst-Dieter Jordan 1928 geboren wurde, bestand die vom Vater Ludwig am 1. April 1919 als Rund- und Schnittholzhandel in Kassel-Niederzwehren gegründete Firma gerade mal neun Jahre. Den Krieg erlebte Horst-Dieter als 16jähriger noch in seiner Endphase mit, geriet kurz in amerikanische Kriegsgefangenschaft und stieg bereits im Mai 1945 in den total zerstörten väterlichen Betrieb ein. Vor der Aufbau- kam die Aufräumarbeit. Dann begann die zweite Gründerzeit Deutschlands. Holz wurde überall zum Wiederaufbau gebraucht. Das zunächst nur lokal agierende Unernehmen weitete seinen Aktionsradius aus und blühte auf.
Horst-Dieter Jordan befleißigte den Rat seines Vaters: „Sieh zu, dass es Deinen Mitarbeitern gut geht. Dann geht es auch Dir und dem Unternehmen gut“.
Als Pegulan mit der Produktion von PVC-Bodenbelägen begann, erkannte Horst-Dieter Jordan darin ein neues Geschäftsfeld und führte PVC-Mehrschichtbeläge als eigenständige Produktsparte ein. Vom Vater zunächst skeptisch gesehen, nach schönen Erfolgen aber toleriert und finanziell gefördert. Nach und nach wurde aus dem einstigen Nur-Holz-Geschäft eine Holz- und Kunststoffgroßhandlung. Man galt bei Pegulan als größter Großhändler. Klebstoffe und Spachtelmassen kamen dazu. „Ende der fünfziger Jahre wuchs das Unternehmen explosionsartig“, erinnert sich Jordan. 1968 wurde in Rüsselsheim die erste Filiale eröffnet. Das Objektgeschäft wurde schon immer forciert und durch Objekteure, zumeist Neugründungen, gemeinsam bearbeitet. Die Großhandelstätigkeit wurde verstärkt und bekam das Übergewicht, so dass das Bemühen um Verlegeaufträge ausschließlich den Kunden überlassen blieb. Es wurden auch mit dem Handwerk gemeinsam große Aufträge ausgeführt, zum Beispiel für die Neue Heimat.
Dabei hat man die Wurzeln des elterlichen Unternehmens, sprich den Holzhandel als Hauptprodukt, nie vergessen. Als der Markt zunehmend auch nach Holzböden verlangte, wurde in Kassel Parkett-, später das aus Norwegen kommende Fertigparkett forciert. Durch die enge Zusammenarbeit mit bekannten Markenherstellern wurden die Fertigung und der Vertrieb von Produkten speziell für den Campingbedarf aufgenommen. Die Firmengründung lautete: „Tischplatten & Fertigteile GmbH“. Damit verdiente man auch das notwendige gute Geld.
1965 hatte Horst-Dieter Jordan die alleinige Geschäftsführung übernommen. Als die PVC Filz- und Nadelvliesbeläge aufkamen, war er wiederum einer der Ersten, der darin eine Chance für weiteres Wachstum sah. Die Dachmarke für alle diese Produktbereiche, zu denen inzwischen auch stark die Tufting- und Webteppichbeläge sowie Heimtextilien, Tapeten und Farben gekommen waren, nannte er JOKA, gebildet aus den Anfangsbuchstaben Jordan und Kassel.
1986 stieg Sohn Jörg Ludwig nach erfolgreichem BWL-Studium an der EBS und Studien- und Praktika-Aufenthalten im europäischen Ausland und den USA in die Geschäftsleitung des Unternehmens ein. Vater und Sohn bauten es konsequent weiter aus, führten es in die Spitzengruppe des deutschen Großhandels und gelten heute unumstritten als die Nummer eins in der Branche. Ein Großhandelshaus nach dem anderen wurde in den Unternehmensverbund eingegliedert. Als größte Übernahmen gelten RAUMWELT und INKU, Österreich. Zur besseren Marktdurchdringung gab es zahlreiche Niederlassungen und Neugründungen.
Was bedeutet dem Unternehmer Horst-Dieter Jordan Unternehmensgröße? Hat er sich einmal vorstellen können, die Bundesrepublik mit einem Netz von fünfzig Standorten = Niederlassungen zu überziehen? „Vorgestellt habe ich mir das am Anfang der Aufnahme dieser Produktpalette sicherlich nicht“, sagt er. „Ich habe einfach meine Chancen gesehen und sie dann ergriffen“.
Als eine solche Chance begriff er – mit seinem Stammsitz nahe der Zonengrenze - auch die deutsche Wiedervereinigung und den daraus resultierenden Nachholbedarf für Holz, Bodenbeläge, Heimtextilien und Tapeten in der ehemaligen DDR. Als einer der Ersten erkundete Jordan das Terrain in Mitteldeutschland und eröffnete Standorte in Erfurt, Halle/S., Chemnitz und Dresden. Das geschah unter teilweise behelfsmäßigen und abenteuerlichen Umständen. In Erfurt war das Domizil zunächst ein stillgelegtes Heizkraftwerk, in Halle/S. eine ehemalige Panzerkaserne mit Panzergaragen.
Umtriebig war der Unternehmer nicht nur in seinem eigenen Betrieb, sondern auch in der deutschen Wirtschaft. „Wenn man gerufen wird, um etwas für die gemeinsame Sache zu machen, soll man sich dem nicht entziehen!“, so sein Motto. Jordan gründete in den ersten Wendemonaten noch die Industrie- und Handelskammer Thüringen in Erfurt als Vizepräsident der IHK Kassel. Er gründete den Bundesverband Deutscher Holzhandel in Wiesbaden, wurde Mitglied des Deutschen Holzwirtschaftsrates in Bonn und von 1985 bis 1990 dessen Vorsitzender. Er war Mitglied des Präsidiums des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels in Bonn und in führenden Positionen zahlreicher anderer Organisationen. Die Bundesrepublik dankte es ihm durch die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande in 1978 und später des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse in 1995.
Einen guten Schuss Unternehmerblut muss Horst-Dieter Jordan von seinem Vater wohl geerbt haben. „Sieh zu, dass es Deinen Mitarbeitern gut geht. Dann geht es auch Dir und dem Unternehmen gut“, gab dieser ihm mit auf den Weg. Wenn er heute über den 10 ha umfassenden Stammsitz des Unternehmens mit seinen 30.000 m² Hallen geht, kennt der Seniorchef fast alle Mitarbeiter und kann sie mit Namen ansprechen. Für sämtliche 977 Mitarbeiter, die auf der „payroll“ stehen, kann das natürlich nicht gelten. Es sind halt zu viele und ständig kommen neue hinzu.
Demnächst lädt Jordan im Ruhestand befindliche Mitarbeiter, mit denen er über Jahrzehnte zusammengearbeitet hat, zu einem gemütlichen Essen und Austausch alter Erinnerungen in das firmeneigene Restaurant „Kurhessenstube“ ein. Ein Unternehmer mit großem Herz für seine Leute. Zur Jahreswende übergab der fünffache Großvater nach bald 67 Jahren Unternehmertätigkeit die Führung endgültig an seinen Sohn, Jörg Ludwig Jordan. Er weiß die Geschicke des Hauses in besten Händen.
Was wird Horst-Dieter Jordan mit der neu gewonnenen Freizeit anstellen? Mehr Muße für Ehefrau und Enkel, für die Natur und seine Jagdleidenschaft und …… immer wieder mal im Betrieb nach dem Rechten schauen. Sekretariat, Büro und Auto stehen zur Verfügung: Einmal Unternehmer – immer Unternehmer!
Außerordentliches Lebenswerk des Jahres 2012