07.09.2023

FEP: „Die EU muss die Interessen Europas mehr schützen und stützen“

Eins muss man FEP-Präsident Lorenzo Onofri lassen: Der Italiener, Geschäftsführer des umbrischen Familienunternehmens Stile, scheut sich nicht vor deutlichen Worten und nachdrücklichen Forderungen. Ernimmt seine Aufgabe sehr ernst, für die Interessen der europäischen Parkettindustrie einzutreten, wie er in seiner Antrittsrede im Herbst 2021 in Athen angekündigt hatte und wofür er bereits damals unter den Mitgliedern warb. Wie übrigens auch sein Vorgänger Lars Gunnar Andersen.

Schon auf der FEP-Generalversammlung vor einem Jahr in Hamburg hatte er unmissverständlich festgestellt, „die guten alten Zeiten sind vorbei – obgleich die europäische Parkettindustrie da gerade das Rekordjahr 2021 und einen positiven Auftakt 2022 hinter sich hatte. Doch ab dem Sommer 2022 zeichnete sich ein Nachlassen der Nachfrage ab, das sich im Herbst zunehmend verschärfte. Seitdem schnüren verschiedene bekannte Faktoren wie der Einbruch am Bau, die Energiekrise, die hohe Inflation und die steigenden Zinsen den Parkettabsatz regelrecht ab. Besonders betroffen von den makroökonomischen Problemen sind Deutschland und seine zentraleuropäischen Nachbarn, während Länder wie Italien, Spanien und Frankreich weniger zu leiden scheinen. Die FEP schätzt die Absatzverluste im ersten Quartal 2023 auf bis zu 30 %.

Massiver Wettbewerb durch niedrigpreisigere Produkte aus Drittländern

Inzwischen ist die Situation noch prekärer geworden, die Prognosen pessimistischer. Während im Frühjahr noch vorsichtig auf eine Erholung im Herbst gehofft wurde, geht die Branche – und das gilt nicht nur für Parkett, sondern für alle Bodenbeläge – inzwischen davon aus, dass 2023 schwierig bleibt und sogar erst 2024 mit voller Wucht die Krise am Bau durchschlägt. Lorenzo Onofri: „Die Daten 2022 und im ersten Halbjahr 2022 bestätigen, dass wir uns in einer Periode des wirtschaftlichen Abschwungs befinden.“ Bestehende Probleme, die durch die russische Invasion in der Ukraine und die von der EU darauf hin ergriffenen Maßnahmen verstärkt wurden, seien nach wie vor präsent. Die Realeinkommen der Haushalte seien gesunken, Kaufkraft und Konsum entsprechend beeinträchtigt.

Holzprodukte und Holz würden besonders leiden. „Letztes Jahr hatten wir noch Probleme mit der Rohstoffversorgung, dieses Jahr wissen wir nicht, wohin wir verkaufen sollen.“ Die Läger seien voll, ein Großteil der Lagerbestände überteuert und könne kaum ohne große Verluste verkauft werden. Der Birkensperrholzmarkt sei aufgrund der Sanktionen gegen russische Einfuhren weiterhin stark angespannt - zumindest für die europäischen Abnehmer. „Außereuropäische Unternehmen, vor allem Chinesen und Amerikaner, verfügen dagegen uneingeschränkt über das Material, das sie zu sehr niedrigen Preisen von Russland kaufen.“ Die USA waren nach FEP-Beobachtungen 2022 mit einem Volumen von 1,6 Mrd. USD der größte Importeur von Birkensperrholz. Daraus resultiert laut Onofri eine starke Wettbewerbsverzerrung mit niedrigpreisigen Produkten aus Drittländern, während europäischen Produzenten gezwungen seien, höhere Preise zu verlangen. (Anm.d. Redaktion: Wobei es ein offenes Geheimnis ist, dass russisches Birkensperrholz über die Drehscheibe Serbien nach Westen gelangt).

EU-Wahlen 2024 richtiger Zeitpunkt für Strategieänderung

Ein echtes Dilemma, dennoch erging sich der FEP-Präsident nicht in Schwarzmalerei. „Die Welt ändert sich, d.h. auch das Mindset muss sich ändern“, so Onofri pragmatisch. Die Europäische Kommission müsse sensibler und aufmerksamer auf die Entwicklungen reagieren, die die neuen globalen Gleichgewichte kennzeichnen. Die EU-Wahlen 2024 könnten der richtige Zeitpunkt für eine Strategieänderung sein. „Es ist an der Zeit, dass Europa den Mut aufbringt, das festzulegen, was für das Wohl Europas, seiner Bevölkerung und Wirtschaft am besten ist und Maßnahmen zu seiner bestmöglichen Unterstützung zu ergreifen.“ Vor diesem Hintergrund verwies Onofri auf ein „lebenswichtiges Thema: den Export von Rohstoffen zu beschränken“. Sonst riskiere man Nachteile für europäische Unternehmen und Vorteile für außereuropäische Konkurrenten, die eine Politik nur zu ihren Gunsten betrieben und gegen alle Regeln der Transparenz im Wettbewerb, Handelsverträge, Gesetze zum Schutz der Umwelt und Rechte der Arbeitnehmer verstießen.“

Gemeinsam ist man stärker, weiß die FEP und hat sich Verbündete gesucht, um ihre Anliegen bei der EU vorzubringen und möglichst durchzusetzen. Insgesamt 14 europäische Verbände der Holz- und holzverarbeitenden Industrie sowie verschiedene Organisationen der Forstwirtschaft haben sich zur Circular Choices Coalition zusammengeschlossen und fordern eine ehrgeizigere und wettbewerbsfähigere EU-Bioökonomie.

Markt braucht mehr Klarheit und Transparenz

Parkett leidet aber nicht nur unter den wirtschaflichen Rahmenbedingungen, sondern auch unter der zunehmenden Produktvielfalt auf Holzbasis oder mit Holzoptik am Markt, die die Verbraucher verwirrt. „Der Markt braucht mehr Klarheit und Transparenz“, konstatierte Lorenzo Onofri. Das gehe auch aus der aktuellen Konsumentenstudie der FEP hervor (mehr darüber auf Seite 26). Es werde immer wichtiger, in Kommunikation zu investieren, idealerweise in eine einheitliche Kampagne, die deutlich publik mache, was Parkett auszeichnet. Dies wollte er auch als Weckruf für FEP-Mitglieder verstanden wissen, das Label „Real Wood“ konsequent einzusetzen. Von strategischer Bedeutung ist für Onofri zudem die Schulung von Verkäufern, um Parkettberatung und -verkauf zu forcieren. Die FEP werde auch hier aktiv, indem sie ein Parketthandbuch entwickelt.

Barlinek für Anti-Dumping-Verfahren gegen chinesische Parkettimporte

Geschäftsführerin Isabelle Brose berichtete von weiteren Aktitäten der FEP, die sich über ein weites Themenfeld erstrecken. Daneben gibt es auch Initiativen, die von Mitgliedern angestoßen und vom Verband koordiniert werden. Angesichts des rasch wachsenden Anteils chinesischer Parkettimporte am europäischen Markt – von 15,7 % im Jahr 2019 gestiegen auf 25,8 % im Jahr 2022 – hat zum Beispiel der polnische Hersteller Barlinek, einer der größten, wenn nicht sogar der größte Produzent Europas, ein Anti-Dumping-Verfahren gegen chinesische Parkettimporte in den Raum gestellt. Und sucht nun Kombattanten, die sein Vorhaben mit unterstützen.

Onofri bleibt Präsident, Wullt neu im Vorstnd

Bei den turnusgemäßen Vorstandswahlen wurde Lorenzo Onofri einstimmig für weitere zwei Jahre als Präsident bestätigt,ebenso Klaus Brammertz, Dr. Peter M. Hamberger, Javier Hervàs, Jean-Marc Legrand, Johan Magnusson und Karl Scheucher als weitere Vorstandsmitglieder. Aus dem Gremium zurückgetreten sind Francesco Penne und Daniel Smiljanić. Neu gewählt wurde Niclas Wullt, als EMEA Vice President von Tarkett für Nordeuropa verantwortlich.

2022 europäischer Parkettmarkt resilienter als befürchtet

Weniger drastisch als erste Veranschlagungen Anfang des Jahres befürchten ließen, war der Parkettverbrauch in Europa 2022 zurückgegangen. Nach den inzwischen vorliegenden konsolidierten Zahlen hat die FEP Absatzeinbußen von -2,8 % auf 87,2 Mio. m2 registriert. Das ist absolut gesehen immerhin noch das zweitgrößte Volumen des letzten Jahrzehnts. Die meisten Länder mussten einen Nachfrageschwund hinnehmen, doch Deutschland als wichtigster europäischer Markt konnte sogar um 7,8 % zulegen.

Allerdings steht dem gestiegenen Verbrauch eine rückläufige Produktion gegenüber. Im FEP-Gebiet verringerte sie sich im vergangenen Jahr um 4,7 % auf 78 Mio. m2. Auch die europäische Produktion außerhalb der FEP-Länder, die auf Schätzungen basiert, hat sich um ca. 7,5 % von 15,3 auf 14,3 Mio. m2 reduziert. Davon siedelt die FEP 7,3 Mio. m2 in EU-Ländern an, 7 Mio. m2 in europäischen Nicht-EU-Ländern. In Summe ergeben sich somit 92,3 Mio. m2, das sind knapp 5 % weniger als im Jahr zuvor. Aus der gegenläufigen Entwicklung von Verbrauch und Produktion lässt sich eben auch der Schluss ziehen, dass Importware ihren Marktanteil in Europa vergrößert hat.

Wichtigster Hersteller blieb 2022 Polen, das seinen Vorsprung vor der Nr. 2, Österreich, sogar noch leicht ausgebaut hat auf knapp 17,8 %. Österreich hat mit 13,9 % Schweden (12,6 %) auf den dritten Platz verdrängt. An vierter Stelle folgt schon Deutschland, wenn auch mit einem leicht verminderten Anteil von 9,4 %, Kroatien ist mit 8,4 % näher gerückt.

Kroaten und Esten stehen auf Parkett

Unter den Absatzmärkten ist Deutschland in der Pole Position mit nunmehr 22,4 % weiter davongezogen. Mit deutlichem Abstand trotz eines leichten Gewinns folgt Italien auf Platz 2 (11,3 %), vor unverändert Frankreich (9,2 %) und Schweden (9,1 %). Die Schweiz (7,5 %) hat sich vor Österreich geschoben (6,9 %), das auf den sechsten Rang zurückgefallen ist. Im Pro-Kopf-Verbrauch ist Kroatien von 0,60 m2 auf 0,97 m2 nach oben und damit an die Spitze geschossen. Auch die Esten stehen offenbar auf Parkett, was eine erneute Zunahme des Pro-Kopf-Verbrauchs von 0,77 m2 auf 0,91 m2 belegt. Zum Vergleich: Die langjährigen Spitzenreiter Schweden und Schweiz kommen nur noch auf 0,74 m2, Deutschland sogar nur auf vergleichsweise magere 0,22 m2 und liegt damit minimal über dem FEP-Durchschnitt von 0,21 m2.

Man sollte meinen, der Peak sei längst erreicht, doch tatsächlich hat die Eiche ihre Dominanz unter den Holzarten im vergangenen nochmal verstärkt – trotz Lieferengpässen und Verteuerungen: Ihr Anteil erhöhte sich von 81,9 auf 82,1 %. An zweiter Stelle folgt Esche (5,4 %), vor Buche (2,5 %) und tropischen Hölzern (2 %). Das könnte sich allerdings endlich mal ändern, denn in den aktuellen Kollektionen werden augenfällig häufig Alternativen zur Eiche positioniert, vor allem Esche, aber auch Nadelhölzer wie Lärche, Zirbe und Tanne.

Die nächste FEP-Generalversammlung ist für den 13. bis 14.Juni 2024 in Wien terminiert.





FEP 23

European Parquet Federation (FEP)
Rue Montoyer 24
B-1000 Brüssel, Belgien
Tel.: +32 556 2587
www.parquet.net, https://realwood.eu
info@parquet.net

Vorstand: Lorenzo Onofri, Vorsitzender (Stile), Klaus Brammertz (Bauwerk Group), Dr. Peter M. Hamberger (Hamberger Flooring), Javier Hervás (Mariano Hervás), Jean-Marc Legrand (Berry Alloc/BIG), Johan Magnusson (Kährs), Karl Scheucher (Scheucher Holzindustrie), Niclas Wullt (Tarkett)
Geschäftsführung: Isabelle Brose
Mitglieder: 83, davon 52 Parketthersteller, 23 Zulieferer, 8 Landesverbände
Zugänge 2022: Ordentliche Mitglieder – Ali (San Marino), Holzexport (Polen), LPM (Deutschland), Morava Wood Products (Tschechische Republik)
Assoziierte Mitglieder – Mira Forestry and Timber Products (Großbritannien), Plantag Coatings (Deutschland)
Abgänge 2022: Ordentliche Mitglieder – Flamingo Parkett (Niederlande/Deutschland), Monolitinvest (Kroatien), Rappgo (Schweden), Assozierte Mitglieder – Procter & Gamble (Schweiz), Segheza Vyatsky Plywood (Russland)



Sonia Wedell-Castellano, Global Director Domotex bei der Deutschen Messe, warb für die Domotex als „Home of Flooring“, die künftig den Schwerpunkt auf „Made in Europe“ und mehr Fokus auf Qualität setzt. So werden unter anderem die europäischen Anbieter in verschiedenen Hallen in Clustern zusammengefasst, ohne mit asiatischen Ausstellern durchmischt zu werden. Sonderschauen, Roundtables und andere begleitende Formate unter den Leitthemen der Messe, Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft bieten den Besuchern zusätzlich Input. Gefragte Zielgruppen wie Großhandel und Fachhandel sollen über starke Partnerschaften mit speziellen Veranstaltungen auf der Domotex, persönlichen Einladungen und VIP-Status nach Hannover gezogen werden. Ganz neu ist, dass jede Domotex einem Ausstellerland gewidmet wird, das besonders in Szene gesetzt wird. 2024 heißt es: „Insight Italy“.




Arnaud Marquis, im Tarkett-Vorstand verantwortlich für Innovation und Nachhaltigkeit, skizzierte die Nachhaltigkeitsziele von Tarkett; bis 2040 will der Bodenbelagskonzern seine CO2-Fußabdruck um 51 % reduzieren, bezogen auf das Basisjahr 2019. Die Kreislaufwirtschaft sei der mächtigste Hebel, um den Ausstoß des Treibhausgases zu senken. Außerdem will Tarkett bis 2030 den Anteil von Recyclingmaterial an der Rohstoffbasis bis 2023 auf mindestens 30 % erhöhen. „Die Herausforderung ist nicht zu recyceln, sondern, dass die Produkte zum Recycling gebracht werden“, sagte Marquis dazu. Regulierungen würden dabei helfen.



Kirk Roberts, Senior Vice President Strategische Entwicklung von Bona, beleuchtete den globalen Markt für Hartböden und elastische Beläge einschließlich der Perspektiven für Oberflächen. Das Volumen des europäischen Bodenbelagsmarkts taxierte er auf jährlich 3 Mrd. m2, von denen 59 % auf Hartböden entfielen. Die Nachfrage nach Oberflächenbehandlungen von Hartböden steige, weil immer mehr Nutzer, Architekten und Eigentümer eine Renovierung/Sanierung der Böden gegenüber einem Neukauf bevorzugen würden. „Das spart Energie und reduziert den CO2-Ausstoß.“ Bis 2028 wird daher für dieses Segment ein Umsatzanstieg von 7 % auf 4,6 Mrd. USD erwartet.

Trotz vieler Herausforderungen expandiere der Parkett- und Holzbodenmarkt. Für 2022 bezifferte Roberts den weltweiten Umsatz auf 36,38 Mrd. USD. Schätzungen gehen davon aus, dass er bei einer jährlichen Steigerungsrate von durchschnittlich 6,24 % auf 55,58 Mrd. USD zunimmt. Hintergrund sei unter anderem die wachsende Nachfrage nach nachhaltigen Bodenlösungen - und damit einhergehend nachhaltigen Oberflächenbehandlungen. Die jüngere Generation sei deutlich nachhaltiger orientiert und interessiert und würde dementsprechend auch mehr in Nachhaltigkeit investieren, wie aktuelle Studien ergeben hätten.



Alberto Massimo, Vertriebsleiter Europa Industrie von Bona, gab einen Ausblick auf die Trends 2024, die die Schweden aus verschiedenen Quellen extrahiert haben und spannte dabei einen weiten Bogen von lebhaften Farbwelten (Technicolor) über naturnahes Design (Biophilic), japanische Einflüsse (Japan Soudade), Übertreibungen (Hyperbole), schmückenden Details (Illuminated Wood) bis hin zu einem eleganten Schimmer-Look, der supermatte Optiken ablöst (Shining Wood). Ganz neue Möglichkeiten ergeben sich laut Massimo durch den Einsatz von KI (Artificial Threat) und Digitaldruck (Digital Dimensions.).
FEP: „Die EU muss die Interessen Europas mehr schützen und stützen“
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„Die guten alten Zeiten sind vorbei“ - die europäische Parkettindustrie muss derzeit an vielen Fronten kämpfen und versucht dies gemeinsam mit anderen Akteuren aus der Holz- und holzverarbeitenden Branche.
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Barlinek-CEO Wojciech Michalowski warb auf der FEB-Tagung nachdrücklich für eine Anti-Dumping-Initiative gegen chinesische Parkett-Importe.
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Isabelle Brose setzt sich in Brüssel für die Interessen der europäischen Parkettindustrie ein.
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Arnaud Marquis
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